Ist dieser nackte Mann ein Kunstwerk?
Siegfried G. (51) aus Gunzenhausen lässt es sich nicht nehmen, gänzlich unbekleidet durchs Altmühltal zu flanieren - und verteidigt seine Nacktauftritte mit Haut und Haaren. Am Donnerstag stand er in Ansbach vor Gericht.
ANSBACH Das Verwaltungsgericht in Ansbach hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass im beschaulichen Altmühltal rings um Gunzenhausen wieder Sitte und Moral die Oberhand gewinnen. Bewirken soll dies ein 20 mal 30 Zentimeter großer, gerichtlich verordneter Lendenschurz, den der bundesweit bekannte „Nacktläufer“ Siegfried G. (51) künftig mittels Klettverschluss an seinem Körper befestigen soll, um seine Männlichkeit den Blicken argloser Mitmenschen zu entziehen.
Seitdem der in Sachsen geborene Mann in den Süden Frankens gezogen ist, erregt er in schöner Regelmäßigkeit die Gemüter seiner Mitmenschen. Siegfried G. lässt es sich nämlich nicht nehmen, gänzlich unbekleidet in aller Öffentlichkeit zu flanieren. Manchmal organisiert er sogar Nacktwanderungen für Gleichgesinnte. „Das ist fantastisch. Man nimmt die Natur nackt ganz anders wahr. Und gesund ist es obendrein“, lautet sein unumstößliches Credo.
Pech für den Überzeugungstäter ist die Tatsache, dass seine Vorliebe bei der Gunzenhausener Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stößt, um es ganz vorsichtig auszudrücken. In Leserbriefen wurde sogar schon angeregt, ihn in einen Käfig zu sperren und Eintrittsgelder zu verlangen. So weit ist es bisher noch nicht gekommen, aber Anzeigen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses stapeln sich bei ihm auf dem Schreibtisch.
Lendenschurz statt Zwangsgeld
Um den notorischen Nacktwanderer endlich zur Räson zu bringen, untersagte ihm das Landratsamt bei Androhung von 300 Euro Zwangsgeld weitere unbekleidete, öffentliche Auftritte. Der Bescheid ist seit längerem rechtskräftig, doch Siegfried G. ließ sich dadurch nicht beirren und frönte weiter seiner Leidenschaft. Daraufhin bat ihn die Behörde zur Kasse – und ein Fall für die Gerichtsbarkeit war geboren. Gestern stand der Termin beim Verwaltungsgericht in Ansbach an.
„Siggi“, der bereits früher angekündigt hatte, lieber ins Gefängnis zu wandern, als eine Strafe zu bezahlen, erschien vor der 5. Kammer zwar züchtig gekleidet, blieb seiner Argumentationslinie, nur sein grundgesetzlich verbrieftes Recht der freien Persönlichkeitsentfaltung wahrzunehmen, zunächst einmal treu. Er verstieg sich sogar zu der Behauptung, dass seine nackten Aktivitäten im Altmühltal eine besondere Form von künstlerischer Betätigung darstellen würden.
Richter Thilo Reindl hatte allerdings keine großen Ambitionen, diese Auffassung juristisch eingehender zu beleuchten. Mit gutem Zureden und überzeugenden Argumenten schaffte er es, Siegfried G. schließlich zu einem Kompromiss zu bewegen. Der Liebhaber unbekleideter Auftritte versprach hoch und heilig, dass er sich künftig eines Lendenschurzes bedienen werde, um so keinen Anlass für öffentliches Ärgernis zu bieten. Im Gegenzug verzichtete das Landratsamt auf die Eintreibung des Zwangsgeldes. Nachbarn haben allerdings erhebliche Zweifel daran, dass sich „Siggi“ an diese Auflage halten wird. Helmut Reister
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