Neuartiges Wohnkonzept für günstige Mieten in Berchtesgaden: Möglichkeit für München?

Berchtesgaden/München - Dass Wohnen in Berchtesgaden irgendwann nochmal günstiger wird, daran hat Bürgermeister Franz Rasp seine Zweifel. Kürzlich hatte die Sparkasse Berchtesgadener Land mit einem neuartigen Neubau-Projekt für Mitarbeiterwohnraum auf sich aufmerksam gemacht. "Nicht zu verwechseln ist dies mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum", heißt es bei der Sparkasse. 18 Euro pro Quadratmeter klingen zunächst viel. Der Feldversuch könnte aber aufgehen.
Sparkasse vermietet Wohnungen an Unternehmen für deren Mitarbeiter: "Ein gutes Experiment"
Örtliche Unternehmer mieten bei der Sparkasse und vermieten weiter an ihre Mitarbeiter. In der Theorie kann für dringend benötigte Mitarbeiter günstiger Wohnraum dabei herausspringen. Das grundsätzliche Problem sei, sagt der Gemeindechef, dass Mitarbeiterwohnraum anders einfach nicht mehr zu bekommen sei. "Das ist in der Tat ein neuartiges Experiment, aber ein gutes", sagt der Bürgermeister. Der Ausgang: offen.
Das Interesse sei schon jetzt groß, heißt es bei der Sparkasse Berchtesgadener Land, die bis zu zehn Wohnungen an einzelne Unternehmen – langfristig gebunden – vergibt. Rasp bestätigt, dass es auf dem freien Markt "so gut wie keine Appartements mehr gibt". Den neuen Leiter der Kläranlage in Berchtesgaden konnte die Gemeinde nur gewinnen, weil sie durch Zufall und aus eigenem Bestand eine familiengerechte Wohnung anbieten konnte.
Sparkasse Berchtesgaden: 51 Appartements sollen bis Anfang 2026 in zentraler Lage entstehen
51 Appartements sollen in Sichtweite zum Bahnhof bis Anfang 2026 neu entstehen, in zentraler Lage, gut an das Verkehrsnetz angebunden. "Es ist ein Infrastrukturprojekt", sagt Rasp über das Sparkassen-Vorhaben. "Früher hatten große Unternehmen noch eigene Wohnquartiere, in denen ihre Mitarbeiter leben konnten", so Rasp – und verweist auf Post oder Bahn. Später sei die Situation durch den freien Markt geregelt worden, weil der Bedarf an Mitarbeiterwohnungen einfach nicht mehr gegeben war und sowieso ausreichend Wohnungen auf dem frei zugänglichen Markt zur Verfügung standen. Das ist lange her.
Dass überhaupt Wohnraum entsteht, darüber freut sich der Bürgermeister in Zeiten hoher Zinsen und noch viel höherer Baukosten. Die meisten Bauträger bleiben derzeit untätig, weil Bauen zu teuer sei. Rasp weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es derzeit ist, gemeindeseitig neue Wohnungen zu planen und schließlich auch umzusetzen, da irgendwann die Kosten aus dem Ruder laufen. Beim immer wieder geforderten sozialverträglichen Wohnraum ist das besonders schwierig. Rasp rechnet damit, dass man beim größten geplanten und staatlich geförderten Projekt an der Salzburger Straße in Berchtesgaden, "mit mindestens zwölf Euro pro Quadratmeter kalt rechnen muss – bei einkommensorientierter Förderung und mit Wohnberechtigungsschein".
Die Sozialraumanalyse besagt es, aber auch der Bürgermeister weiß, dass sich der südöstlichste bayerische Landkreis, das Berchtesgadener Land, in einer doppelten Demografiespirale befindet. Während geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen, besetzen sie weiterhin den Wohnraum. Bis zu 13.000 Fachkräfte fehlen aber bis 2030. Wo die gefunden beziehungsweise dann unterkommen sollen, damit beschäftigt sich der Landkreis mittlerweile intensiv.
Modell auch für die Stadtsparkasse München?
Ein Problem, welches auch die Landeshauptstadt treffen wird. Und die hohen Mieten sowie der Wohnraummangel verschärfen die Lage noch. Wäre das Berchtesgadener-Modell also eine Möglichkeit für München? Auf Anfrage der AZ teilt Bernd Hochberger, Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse München (SSKM), mit: "Als Stadtsparkasse München stellen wir unseren Beschäftigten seit vielen Jahren vergünstigte Wohnungen zur Verfügung." Zumindest um die eigenen Mitarbeiter kümmert sich die Bank also. Stünden jedoch Wohnungen frei, so könnten sich auch Fachkräfte aus anderen Bereichen bewerben.
Insgesamt verwaltet die SSKM rund 2000 eigene Wohnungen, die Beschäftigte günstig mieten können. Ähnlich wie in Berchtesgaden entstehen zudem bis 2030 rund 190 Appartements für Studierende und Auszubildende – auch von anderen Unternehmen. Das Projekt der Sparkasse, wie es nun in Berchtesgaden umgesetzt wird, soll allein den Fachkräften dienen. Wie viel und ob die Unternehmen etwas von ihren Angestellten für den Wohnraum verlangen, ist den Firmen freigestellt.