Internet-Abzocke mit Bayreuther Festspiel-Karten

Manche Tickets werden für 4500 Euro angeboten. Die neue Festspielleitung will gegen ausufernde Geschäftemacherei rigoros vorgehen.
BAYREUTH Auf Jahre hinaus ausverkauft! Wer die Wagner-Festspiele auf dem Grünen Hügel in Bayreuth mal eben so besuchen will, blitzt beim Festspielbüro, das den Ticketverkauf koordiniert, gnadenlos ab. Doch der offizielle Hinweis auf die lange Wartezeit und das praktisch nicht vorhandene Kartenkontingent ist nur eine Mär. Auf dem Schwarzmarkt sind Hunderte Eintrittskarten im Umlauf. Wo kommen die so raren Stücke her?
Weltweit tätige Tickethändler, die damit prahlen, jede beliebige Karte besorgen zu können, haben auch den gefragten Klassik-Event im Programm. Die Preise sind aber nicht von schlechten Eltern. 490 Euro zum Beispiel kostet ein Platz auf der Galerie, knapp 1600 Euro einer im Parkett. Wer den „Ring des Nibelungen“ sehen und hören will, muss 4500 Euro auf den hölzernen, durchaus unbequemen Stuhl des Festspielhauses legen. Das ist ein Vielfaches der normalen Kartenpreise.
Die Grenze zwischen legalem Ticketing und Schwarzmarkt ist fließend
Einen Hinweis darauf, dass die Grenze zwischen legalem Ticketing und Schwarzmarkt fließend ist, liefert das Unternehmen „Eventim“, Deutschlands größtes Konzert- und Eventbüro. Bis vor kurzem bot die Firma für nahezu alle Aufführungen der Wagner-Festspiele die sündhaft teueren Karten an. Als die AZ die Herkunft der Karten erklärt haben wollte, ging das Management auf Tauchstation. Mehrere Anfragen blieben unbeantwortet. Eine Reaktion gab es trotzdem. „Eventim“ nahm das Angebot kommentarlos vom Markt. „Leider sind derzeit keine Tickets für Bayreuther Festspiele im Verkauf“, heißt es jetzt auf der Homepage. Andere Vermarkter wie „Ticketpool“ sind noch dabei.
Das Bayreuther Festspielhaus gibt sich ahnungslos. Festspielsprecher Peter Emmerich sagte zur AZ: „Es ist uns unerklärlich, wie diese Anbieter an die Karten gekommen sind.“ Klar ist ihm, dass der Schwarzmarkt-Handel nicht gut für das Image des Festspiel-Highlights ist. Die neuen Leiterinnen des monumentalen Klassik-Events, Eva und Katharina Wagner, so versichert Emmerich, würden alles tun, um das zu unterbinden.
Bei der Suche nach den verschlungenen Handelswegen werden die Schwestern am Geschäftsgebahren ihres Vaters Wolfgang (88) nicht vorbeikommen. Der hatte früher mit Reiseveranstaltern Vermarktungsverträge abgeschlossen und Tickets zur Verfügung gestellt. „Die Karten auf dem Schwarzmarkt stammen aus diesen Kontingenten“, vermutet Emmerich. Etliche Verträge sind noch immer gültig. Verlängert werden sie nicht mehr. Emmerich: „Die neue Festspielleitung wird gegen den Handel mit den teueren Karten rigoros vorgehen.“
Helmut Reister