Interessiert es niemanden, ob ich Schweinegrippe habe?
Die Grippewelle sorgt für einen Ansturm auf die Nürnberger Arztpraxen. Einen Virus-Abstrich gibt’s aber nur noch in Ausnahmefällen
NÜRNBERG Das heimtückische H1N1-Virus ist nicht mehr zu stoppen – über drei Viertel aller derzeitigen Grippe-Patienten haben Schweinegrippe! In Franken forderte die Krankheit bereits ein Todesopfer. Eine mit dem Schweinegrippevirus infizierte 20-jährige Frau ist Ende November im Uni-Klinikum Erlangen gestorben.
„Fast achtzig Prozent aller Virus-Nachweise, die wir momentan bekommen, gehen auf das Konto von H1N1“, sagt Alice Schaffer, Leiterin des Infektionsschutzes beim Nürnberger Gesundheitsamt.
Insgesamt acht neue Schweinegrippe-Fälle wurden heuer gemeldet. Das ist aber nur die Spitze des Eisberges. Tatsächlich dürfte die Zahl der Grippe-Kranken um ein Vielfaches höher liegen. „Denn von 100 Fällen wird nur einer gemeldet“, weiß Schaffer.
Nur ein Viren-Abstrich kann mit Sicherheit sagen, ob ein Patient tatsächlich eine Grippe hat und welches Virus der Verursacher ist. Dieser Test wird vom Hausarzt aber nur in einigen wenigen Ausnahmefällen durchgeführt: bei chronisch Kranken oder Schwangeren. Ansonsten zahlen die Krankenkassen den 40 bis 100 Euro teuren Test nicht.
Nur innerhalb der ersten 48 Stunden helfen Grippemittel
„Für die Behandlung ist es nebensächlich, ob der Patient die Schweinegrippe oder die normale Wintergrippe hat“, erklärt Dr. Hans-Erich Singer, Chef der mittelfränkischen Hausärzte. Wichtiger als die Virusart zu bestimmen sei eine schnelle Behandlung.
Jetzt nach den Weihnachtsferien rollt die Grippewelle so richtig los. Die Arztpraxen sind voll: Bis zu zehn Patienten mit Grippe-Symptomen behandeln Hausärzte täglich. „Meistens sieht man den Menschen die Grippe schon auf den ersten Blick an“, sagt Singer. Wenn zur Schlappheit noch hohes Fieber, trockener Husten und Schnupfen kommen, muss der Arzt sofort handeln. „Wenn wir erst ein Testergebnis abwarten, verschenken wir zu viel Zeit“, erklärt Singer. Denn nur innerhalb der ersten 48 Stunden helfen Grippemittel wie zum Beispiel Tamiflu.
Dass die Zahl der Grippe-Erkrankungen Anfang des Jahres in die Höhe schießt, ist nichts Neues. „Januar, Februar und März sind die Monate in denen die Grippe Saison hat“, sagt Alice Schaffer. Aber während die normale Grippe vor allem für Alte und chronisch Kranke eine Gefahr ist, erwischt die Schweinegrippe auch viele junge Leute. Am gefährlichsten ist sie für Kinder, weil ihr Immunsystem noch nicht so stark ist wie bei Erwachsenen.
L. Fleischmann
- Themen: