Insasse bricht aus Gefängnis in Bayern aus: Wie konnte es so weit kommen?

Im Dezember ist ein Insasse der JVA Bad Reichenhall mithilfe eine Löffels ausgebrochen. Seit 45 Jahren ist diese nicht mehr saniert worden. Nun folgen zahlreiche Änderungen.
von  Kilian Pfeiffer
Stacheldraht der JVA Bad Reichenhall vor dem Gebirgszug der Schlafenden Hexe.
Stacheldraht der JVA Bad Reichenhall vor dem Gebirgszug der Schlafenden Hexe. © Kilian Pfeiffer

Bad Reichenhall - Seitdem im vergangenen Dezember ein Inhaftierter aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bad Reichenhall mit Hilfe eines Löffels ein Loch grub und durch die Außenwand ausbrach, "sind Abläufe und Sicherungsmaßnahmen zur zusätzlichen Absicherung mit Hochdruck geprüft" worden. Das teilt Jürgen Burghardt, leitender Regierungsdirektor und Anstaltsleiter der JVA Bad Reichenhall, Bernau und Traunstein, auf Nachfrage mit. Auch für die Gefangenen hat sich etwas geändert.

73 Jahre lang existiert die JVA Bad Reichenhall. Sie gilt als kleine Einrichtung, als die südöstlichste der Republik. 230 Häftlinge waren im Laufe des vergangenen Jahres dort untergebracht – bei insgesamt 20 Einzelhafträumen und sieben Gemeinschaftshafträumen für insgesamt 43 Inhaftierte zeitgleich.

JVA Bad Reichenhall: Inhaftiertem gelang im Dezember der Ausbruch

Als es im vergangenen Jahr einem Inhaftierten gelang, zu flüchten, war die mediale Aufregung groß. Die Nachricht schwappte durch das ganze Land. Natürlich kommt das nicht gut an in einer Einrichtung, in der der Ausbruch nichts weniger als den Gau darstellt. Es sei viel geschrieben worden, sagt Burghardt. Nicht mit jeder der verbreiteten Notizen zeigt man sich in der Justizvollzugsanstalt zufrieden.

Dem Gefangenen war es "trotz regelmäßiger Kontrollen von Personen und Räumen", so Burghardt, in der Nacht auf den 17. Dezember 2023 gelungen, aus der Anstalt auszubrechen. Unmittelbar nach der Flucht wurden umfangreiche Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Einen Tag lang war er schließlich auf freiem Fuß. Am Folgetag wurde er dann in Traunstein wieder festgenommen, so Burghardt.

"Das letzte derartige Ereignis in der Justizvollzugsanstalt Bad Reichenhall liegt über zwei Jahrzehnte zurück", heißt es auf Nachfrage. Der Anstaltsleiter teilt mit, dass der Gefangene sich "ein Loch in die Wand seines im ersten Obergeschoss an der Außenwand der Anstalt befindlichen Haftraums gegraben" hatte. Mit Bettlaken hatte er sich schließlich über eine Höhe von rund sechs Metern abgeseilt und war geflohen.

Aus "Gründen der Anstaltssicherheit" darf der Anstaltsleiter zu den Details des Vorganges und den ergriffenen Maßnahmen keine weiteren Einzelheiten nennen. Was er aber sagen kann: "Derzeit wird kein Gefangener mehr in Hafträumen an der Außenmauer untergebracht."

Letzte umfassende Sanierung der JVA Bad Reichenhall fand 1979 statt

1979 fand die letzte umfassende Sanierung der Anstalt in Bad Reichenhall statt. Damals wurden die Hafträume neu ausgestattet, "hygienische Badeeinrichtungen" geschaffen, wie es heißt, und eine Gasheizung installiert. Knapp zehn Jahre später wurde die Torwache erneuert, zudem die Vollzugsgeschäftsstelle. Anfang der 1990er Jahre kam eine Arbeitshalle hinzu. Der Endausbau der Anstalt sei zu diesem Zeitpunkt "weitgehend abgeschlossen" gewesen. Kurz vor der Jahrtausendwende wurden Haftraumfenster und entsprechende Gitter erneuert, später die Drahtsicherungs-Umwehrung der Anstalt durch eine Mauerkronensicherung ersetzt.

Vor 14 Jahren erneuerte der Freistaat die Heizanlage, Keller und Dachboden wurden isoliert. Drei Jahre darauf kamen neue Türen und eine Fahrzeugschleuse hinzu. Auf Nachfrage, wie groß der Sanierungsbedarf und mögliche Investitionskosten heute ausfallen würden, gibt es keine Antwort. Aktuell laufen Baumaßnahmen zur Erneuerung der Duschgelegenheiten für Inhaftierte, teilt Burghardt mit. Inwiefern auch Sicherungsmaßnahmen von einer Erneuerung und Optimierung profitieren würden, ist nicht bekannt.

Die Verweildauer der Gefangenen gilt in der Justizvollzugsanstalt Bad Reichenhall als sehr kurz. Durchschnittlich sei ein Gefangener laut Zahlen vom vergangenen Jahr hier 65 Tage inhaftiert. Untergebracht werden in der Kreisstadt ausschließlich Untersuchungsgefangene. Dabei wird bei der Unterbringung von den ausschließlich männlichen Personen nicht nach vorgeworfenen Delikten unterschieden.

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