Innenminister Herrmann (CSU): "Bürgergeld hat völlig falsche Anreize gesetzt"

Die bayerische Staatsregierung lobt sich selbst für ihre Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt. Wie die in Zukunft schneller gehen soll.
von  Ralf Müller
Ein Flüchtling aus Somalia, der als Handwerker in Deutschland arbeitet. Bayern hat die geringste Arbeitslosen-quote bei Ausländern in ganz Deutschland.
Ein Flüchtling aus Somalia, der als Handwerker in Deutschland arbeitet. Bayern hat die geringste Arbeitslosen-quote bei Ausländern in ganz Deutschland. © imago

München - Die bayerische Staatsregierung will ihre Anstrengungen für die Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen weiter verstärken. Die bereits für die Anerkennung von Pflegefachberufen eingerichtete "Fast Lane" (Überholspur) solle auf alle Berufe ausgeweitet werden, kündigte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) am Mittwoch in München an.

Die Staatsregierung werde noch im Herbst beschließen, wie die Ankündigungen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) umgesetzt werden sollen, Asylsuchende und Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen.

Arbeitsmarktintegration für Ausländer: So ist die Lage in Bayern

Bei der Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt sei Bayern besser als alle anderen Bundesländer, betonte Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann (CSU). So könne Bayern mit 9,0 Prozent (Bund: 15,2 Prozent) die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenquote von Ausländern in Deutschland vorweisen. Im Freistaat seien 10,7 Prozent der ausländischen Frauen arbeitslos, bundesweit aber 18,1 Prozent.

Die Integration von Menschen aus den wichtigsten acht außereuropäischen Asyl-Herkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) gestalte sich sehr positiv, berichtete Herrmann. Von Februar 2014 bis Februar 2024 habe sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus diesen Ländern in Bayern auf 81.950 mehr als versechsfacht.

"Bürgergeld hat völlig falsche Anreize gesetzt"

In Bayern arbeiten nach den Worten Herrmanns außerdem etwa 37.500 ukrainische Staatsangehörige in sozialversicherungspflichtigen Jobs und damit so viele wie in keinem anderen Bundesland. Die Zahl der in Bayern arbeitenden ukrainischen Kriegsflüchtlinge ist damit seit Beginn des russischen Angriffskriegs um 25.800 Personen angestiegen.

Es könnten nach Ansicht des Ministers noch mehr sein, wenn die Bundesregierung nicht beschlossen hätte, den neu ankommenden Ukrainern gleich Bürgergeld und nicht Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zukommen zu lassen. Damit seien "völlig falsche Anreize gesetzt worden", so Herrmann.

Der CSU-Politiker Joachim Herrmann äußert sich zur Lage in Bayern (Archivbild).
Der CSU-Politiker Joachim Herrmann äußert sich zur Lage in Bayern (Archivbild). © Matthias Balk/dpa

Die von den Flüchtlingen übernommenen Jobs sind keinesfalls nur im Handlanger-Bereich anzusiedeln. Mehr als 50 Prozent dieser Personengruppe hätten qualifizierte Stellen übernommen, sagte der Chef der bayerischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Markus Schmitz.

Die Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse umfassten vor allem medizinische Berufe, berichtete Sozialministerin Scharf. 14 Prozent der Antragsteller wollten beispielsweise weiterhin als Arzt arbeiten. Künftig solle es nach dem Vorbild der "Fast Lane" für Pflegeberufe für alle Berufszweige nur noch eine zuständige Stelle gebe, was die Bearbeitungszeiten reduzieren werde.

Bayerischer Flüchtlingsrat: Integration kranke am "Abschiebedruck"

Je qualifizierter eine Tätigkeit, umso wichtiger sind nach Ansicht Herrmanns deutsche Sprachkenntnisse. Es sei daher unverständlich, dass im Entwurf für einen Bundeshaushalt die Mittel für Integrationskurse von 1,1 Milliarden Euro auf 500 Millionen Euro gekürzt werden sollten.

Die von Ministerpräsident Söder vergangene Woche wieder ins Spiel gebrachte "Arbeitspflicht" für Geflüchtete bestehe bereits, merkte Schmitz an. Die Kommunen machten von dieser Möglichkeit aber nur sehr wenig Gebrauch.

Die Integration Geflüchteter in den bayerischen Arbeitsmarkt kranke am "Abschiebedruck", kritisierte der Bayerische Flüchtlingsrat (BFR). Der BFR listete drei Beispiele auf, in denen Ausbildungen als Pflegehelfer sowie Bäckereifachverkäufer durch Abschiebung oder Abschiebehaft beendet worden seien.

Die Einschüchterung der Menschen durch bayerische Behörden sei eine "ungeheuerliche Ressourcenverschwendung und erniedrigende Ausgrenzung", sagte BFR-Sprecher Stephan Dünnwald.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernd Rützel (Gemünden am Main) führte die bayerischen Integrationserfolge auf den von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im vergangenen Herbst ins Leben gerufenen "Jobturbo" zurück. Auch bei den Arbeitgebern habe "ein Umdenken" stattgefunden: "Nicht für jeden Job muss man bereits zu Beginn ausgefeilte Deutschkenntnisse haben. Auch im Arbeitsalltag lernen die Beschäftigten dazu und bauen ihre Sprachkenntnisse aus."

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