Ingolstadt: Organklau im Krankenhaus!

Ingolstadt - Auf ihrer Homepage entschuldigt sich das Klinikum Ingolstadt in aller Öffentlichkeit für die schwere Panne, die seinen Ärzten unterlaufen ist. Gegen den ausdrücklichen Willen der Eltern wurde der Leichnam einer jungen Frau (24) obduziert – dann wurden ihr ihre Organe entnommen.
Die Umstände beim Tod von Michaela H. waren tragisch genug. Anfang 2006 war die Studentin mit einer Lungenentzündung ins Klinikum eingeliefert worden, eine Blutvergiftung kam dazu. Den Ärzten gelang es nicht, die massiven Beschwerden in den Griff zu kriegen. Eine Woche nach ihrer Einlieferung war die Frau tot.
Michaelas Eltern stellten gegen den Klinikdirektor Strafanzeige wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Die Ermittlungen wurden mehrmals eingestellt und wieder aufgenommen, dann beschritten die Eltern den Privatklageweg, scheiterten aber jetzt vor dem Landgericht.
Sie argumentierten, dass ihre Tochter zu spät mit einem Antibiotikum behandelt worden sei und deshalb starb. Die Richter beurteilten den Fall anders und kamen zu dem Ergebnis, dass den behandelnden Ärzten kein grober Fehler vorgeworfen werden konnte. In einem Punkt allerdings schüttelten sie fassungslos den Kopf und sprachen den Eltern Michaelas Schmerzensgeld (10 000 Euro) zu. Die Obduktion der Leiche und die Entnahme von Organen und Organteilen war rechtswidrig, urteilten sie.
Gerade dieser Vorgang hat bei den Eltern, vor allem bei Mutter Christine H., ein Trauma ausgelöst. Beide mussten sich schon von einem Psychiater behandeln lassen, weil sie mit der Situation nicht zurechtkommen. „Ich will endlich einen Schlussstrich ziehen können“, sagt Michaelas Mutter. Sie fordert, dass auch die entnommenen Organe im Grab ihrer Tochter nachträglich beigesetzt werden.
„Es war ein schwerer Schock“, beschreibt der Münchner Rechtsanwalt Steffen Thoms die Szene, als Christine H. am aufgebahrten Sarg Abschied von ihrer Tochter nehmen wollte. Thoms: „Sie strich ihrer toten Tochter mit einer Hand über den Kopf und merkte, dass etwas nicht stimmte. Wie sich herausstellte, war Michaela obduziert worden: Ihr Gehirn und andere Organteile fehlten.“
Die Eltern waren entsetzt. Hatten sie doch den Ärzten, die nach dem plötzlichen Tod Michaelas mit dem entsprechenden Wunsch an sie herangetreten waren, eine Obduktion ausdrücklich untersagt. Das Klinikum erklärt dies jetzt damit, dass zwischen den Ärzten nicht ausreichend kommuniziert worden sei.
Michaelas Mutter hat derzeit nur einen Wunsch: „Ich möchte, dass auch die entnommenen Organe und Organteile beigesetzt werden. Der Gedanke, dass sie irgendwo achtlos gelagert werden, bereitet mir seelische Schmerzen.“ Möglich ist so eine Beisetzung, hat sich Christine H. bereits erkundigt. Doch wo sind die sterblichen Überreste ihrer Tochter?
Das Klinikum Ingolstadt hat den Eltern mitgeteilt, dass sie in München zurückgegeben worden seien.
„Erst wenn dieses Kapitel abgeschlossen ist, kann ich wieder zur Ruhe kommen“, sagt Michaelas Mutter.