"In dieser Villa ging dunkles vor sich": Das Geisterhaus am Starnberger See

Am Starnberger See steht das ehemalige Haus des Künstlers Gabriel von Max. Der soll dort schaurige Dinge getrieben haben.
von  Niclas Vaccalluzzo
Die Villa Max in Ammerland in der Südlichen Seestraße in Münsing.
Die Villa Max in Ammerland in der Südlichen Seestraße in Münsing. © Raphael Lichius

Münsing - Die Villa aus dem 19. Jahrhundert in der Südlichen Seestraße der Gemeinde Münsing (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) liegt direkt am Ufer des Starnberger Sees. Das Haus im Gemeindeteil Ammerland reiht sich ein zwischen den teuersten Adressen des Landes. Dennoch gleicht es einer Geistervilla, wie sie im Buche steht. Die Farbe der Fassade ist abgebröckelt, Fenster sind zertrümmert und die Erzählungen über die Villa Max sind düster, erinnern an Sagen.

Haus von Gabriel von Max wird zum Schauplatz eines Romans 

"In dieser Villa ging etwas vor sich, das bis heute dunkel nachklingt", sagt der Schriftsteller Fritz Fenzl der AZ. Der Münchner ist so sehr von der düsteren Aura des Baudenkmals fasziniert, dass er die Villa Max zum Schauplatz seines jüngsten Romans "Die Geistervilla" (Omnino Verlag,16 Euro) gemacht hat. Fenzl weiß viel über diesen Ort und vor allem über einen langjährigen Bewohner – den "Geistermaler" Gabriel von Max. Fenzl ist Germanist und hat über die vorige Jahrhundertwende promoviert. Auch ist er Kunstsammler und Fan des Malers. Dessen Gemälde "Der Anatom" war Vorlage für Fenzls schaurige Geschichte über einen untoten Anatom und eine okkulte Vereinigung, die nach Macht strebt.

Der Maler Gabriel von Max auf einer Fotografie (1902) mit einem seiner Lieblingsaffen - dem jungen Pavianweibchen "Puk".
Der Maler Gabriel von Max auf einer Fotografie (1902) mit einem seiner Lieblingsaffen - dem jungen Pavianweibchen "Puk". © Städtische Galerie im Lenbachhaus/ Unbekannter Fotograf

Der 1840 in Prag geborene Maler Gabriel von Max ist vor allem für seine Affen-Gemälde bekannt. Zu den Tieren hatte er ein besonderes Verhältnis. In seiner Münchner Residenz an der Schwanthalerstraße, die er vor der Villa Max bewohnt hatte, hielt er bis zu 40 Tiere. "Das muss ziemlich gestunken haben", sagt Fenzl. Sie seien ihm Modelle und Freunde zugleich gewesen. Er habe sie vermenschlicht, sowohl in seinen Bildern als auch in der Realität. Fenzl: "Er hat mit ihnen sogar bei Tisch gegessen." Auch Experimente soll er an ihnen vollzogen haben. Hier zeige sich die dunkle Seite des erfolgreichen Künstlers. Max war laut Fenzl Darwinist, aber auch Okkultist und Satanist.

Séancen und Experimente: Was ging in der Villa Max vor sich?

Max war mit seinen düsteren Vorlieben in jener Zeit nicht allein. "Das war in der Oberschicht Mode", sagt Fenzl. "Die waren reich und das war ein Zeitvertreib für die." Die Unterschicht hingegen hätte genug zu tun gehabt und musste um ihr tägliches Leben kämpfen. Max reiht sich mit seinem Okkultismus ein in eine Reihe mit dem Schriftsteller Thomas Mann, dem Mediziner und Pionier der Psychotherapie Albert von Schrenck-Notzing und der Okkultistin "Madame" Helena Petrovna Blavatsky. Für ihre Séancen und Materialisationsrituale sollen sie einen gemeinsamen Ort gefunden haben - die Villa Max am Starnberger See. Die "Loge Germania", deren Mitglieder Max und Blavatsky waren, soll auch dort getagt haben.

Das Gemälde "Der Anatom" von Gabriel von Max zeigt einen Pathologen und eine Frauenleiche.
Das Gemälde "Der Anatom" von Gabriel von Max zeigt einen Pathologen und eine Frauenleiche. © Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Der Künstler sammelte Unmengen an obskuren Gegenständen wie Schädel und Knochen. Er besaß eine der größten Schädelsammlungen seiner Zeit. Einer der Söhne des Künstlers soll laut Fenzl durch Versuche mit Röntgenstrahlen zeugungsunfähig geworden sein.

Hatten die finsteren Machenschaften Folgen? "Es gibt Menschen, die sagen, die Villa ist negativ besetzt", sagt der Schriftsteller. Für manche sei es auch kein Zufall, dass sie mittlerweile verkommt. In einer Nachbarvilla soll es gar einen mysteriösen Todesfall gegeben haben, erzählt Fenzl. Ob es in der Villa Max wirklich spukt und gar ein Untoter wie der Anatom aus Fenzls Roman sein Unwesen treibt, bleibt unklar. Das Baudenkmal ist seit 1996 in Privatbesitz und für Außenstehende nicht zugänglich.

Ärger seit einem Vierteljahrhundert: "Eigentümerin will einen modernen Glasbau errichten"

Der Ärger um die Villa ist hingegen real. Seit Jahren kämpfen Anwohner gegen die vermeintliche Verwahrlosung des Hauses. Ginge es nach der Eigentümerfamilie, wäre die Villa Max schon längst abgerissen. An ihrer Stelle wolle die Eigentümerin einen modernen Glasbau errichten, sagt Ursula Scriba, ehemalige Vorsitzende des Ostuferschutzverbandes (OSV) in Münsing der AZ. Dies lehnten die Behörden wiederholt ab.

Der OSV kämpft schon ein Vierteljahrhundert für den Erhalt der Villa. Der Unteren Denkmalbehörde und dem Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wirft der Verband Untätigkeit vor. Er befürchtet einen Verfall des Baudenkmals. Im vergangenen Jahr ist der rechte Stützpfeiler des Vorbaus weggebrochen.

Das Wohnhaus des Künstlers in Ammerland, gemalt von Gabriel von Max im Jahr 1875.
Das Wohnhaus des Künstlers in Ammerland, gemalt von Gabriel von Max im Jahr 1875. © Städtische Galerie im Lenbachhaus

Jetzt scheint es allerdings gute Nachrichten zu geben. Wie der "Merkur" berichtet, konnte der OSV nach Jahren erstmals Kontakt zur Eigentümerfamilie aufnehmen. Bei der Jahresversammlung des OSV vor zwei Wochen wurde von einer Besichtigung der Villa berichtet. Diese sei, anders als vermutet, - zumindest von innen - in einem guten Zustand. Die Aktiven vom Ostuferschutzverband hoffen nun, dass das Baudenkmal gerettet werden kann.

Künstler wollte mit Affen beerdigt werden

Gabriel von Max lebte in der Villa in Ammerland bis zur Scheidung von seiner Frau Emma im Jahr 1890. Er selbst starb am 24. November 1915 in München eines natürlichen Todes. Er habe unbedingt an der Seite seines Lieblingsaffen beerdigt werden wollen, erzählt Fritz Fenzl. Sein letzter Wunsch wurde ihm nicht gewährt.

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