In der Lauerstellung liegt die wahre Spannung
NÜRNBERG - Die Cello-Zauberfee Sol Gabetta begeisterte mit Vivaldi in Nürnberg.
Wenn sie am Ende (und dann nochmal in der letzten Zugabe) jahreszeitgemäß den „Winter“ von Vivaldis „Jahreszeiten“ beschwört, genau genommen: schon mal alle Lawinenabgänge choreographiert, ist die Cellistin Sol Gabetta mit ihrem vergleichsweise sperrigen Instrument der Erinnerung an den teuflisch geigenden Nigel Kennedey mühelos gewachsen. Die muntere Musikerin, schon auf den oberen Sprossen der Karriereleiter daheim, kletterte in der Meistersingerhalle mit mattsilbernem Gewand und überirdischem Klangbewusstsein christkindlestauglich aufs Holz-Podest, das die Kollegen vom Kammerorchester Basel hinschoben. Das Zauberfeen-Image kam folgsam hinterher.
Die streichfähig gemachten Opernarien, mit denen Sol Gabetta in ihrer besonders erfolgreichen „Cantabile“-CD die Dramatik in Schokolade tunkt, waren nicht das Thema des Nürnberger Konzerts. Die Solistin drückte Vivaldi ans offene Herz, umgarnte ihn mit federleichtem Ansatz und ließ sich auch durch die für Kammermusik-Ziselierung nur bedingt geeignete Atmosphäre der Meistersingerhalle nicht aus dem Konzept bringen.
Es war vom ersten bis zum letzten Ton ein Suggestiv-Sound voller schwebender Geheimnisse, der sich zwar in der Weite des Großformats gelegentlich aus der subtilen Wahrnehmung verflüchtigte, aber von der Solistin und ihren hochsensibel reagierenen Partnern (der leitende Geiger Andrés Gabetta mit ständigen Balanceakten auf den Zehenspitzen) immer wieder eingefangen wurde. Zweifach Concerto grosso von Arcangelo Corelli gab den Baslern etwas Raum für frei laufendes Talent, aber in der Lauerstellung zum Gabetta-Cello lag die wahre Spannung. Viel Jubel, mehrere Zugaben. D.S.
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