Weßling hat ein Wohnzimmer am Bahnhof: Wie aus einem Zeitungskiosk Gastronomie wurde

Das Ciao Mausi kann man nicht verfehlen. Steigt man in Weßling (Kreis Starnberg) aus der S-Bahn, sieht man sogleich die drei großen Fensterbögen des Bahnhofsgebäudes, hinter denen sich der "Kiosk mit Wartehalle", wie die drei Betreiber ihre Gaststätte nennen, verbirgt.
So mancher bestellt sich hier direkt beim Aussteigen aus der Bahn per Handzeichen sein Bier, sagt Hotelfachmann und Sommelier Max Hildebrandt, einer der Betreiber des Kiosks. Bis derjenige dann durch die Unterführung ins Ciao Mausi kommt, steht das Getränk schon bereit.
"Das Ziel war maximale Verwirrung"
Geht man hinein, möchte man erst mal hierbleiben: Es ist eine ungezwungene und gastfreundliche Atmosphäre, die einem entgegenströmt. Was die Einrichtung betrifft, ist hier auf den ersten Blick einiges zu entdecken. "Wenn man reinkommt, gibt's schon ein paar Fragezeichen", sagt auch Hildebrandt.
"Das Ziel war maximale Verwirrung", sagt Koch Maximilian Guttenthaler, der zuletzt im Gourmetrestaurant Tantris arbeitete. Spaß haben sie hier, das merkt man schnell. Und das ist auch Teil des Konzepts.
Hildebrandt arbeitete die vergangenen vier Jahre auf einem Weingut in Italien, bis ihm seine Mutter einen Screenshot vom Flyer der Gemeinde schickte. Die leerstehende Weßlinger Bahnhofshalle werde vermietet. Er rief sofort seinen Kumpel Raphael Tscheliesnig an und fragte, ob sie sich bewerben wollten. Der habe nur "Ja" gesagt.
Im August eröffnete das Ciao Mausi
Und so ging es im April 2024 nach 20 Jahren wieder zurück in die Heimat Weßling – wo der Umbau begann. Ohne die Hilfe ihrer Freunde, hätten sie das nie geschafft, sagt Tscheliesnig, der nach einem Studium der Umwelttechnik seiner Liebe für die Gastronomie nachging und schließlich im Service des Restaurants Tantris arbeitete.

Im August eröffneten sie das Ciao Mausi. In der ehemaligen Bahnhofswartehalle sind nun die Wände neben weiß auch altrosa und türkis, in der Mitte steht ein hoher Tisch aus Fässern, an dem die Gäste sich treffen können, umringt von mehreren kleineren Sitzgruppen.
Teppiche liegen herum, schwarz-weiße Bilder vom Bahnhofsgebäude aus früheren Zeiten hängen an den Wänden. Vor den bodentiefen Fenstern hält immer wieder eine S-Bahn, Menschen strömen heraus. Wer gerne das Treiben von Leuten beobachtet, ist hier richtig.
Die Fassade des Zeitungskiosks ist erhalten
Die Fassade des ehemaligen Zeitungskiosks, an dem man auch Fahrkarten kaufen konnte, ist erhalten – und auch das Regal hinter der Theke. Direkt daneben befindet sich die Küche, nur durch Glasfenster von der Wartehalle abgetrennt, sodass man beim Kochen zusehen kann. "Die Gäste merken, dass wir Spaß haben", sagt Hildebrandt. Die drei kümmern sich gleichermaßen um Küche und Service. Hier ist zudem Selbstbedienung angesagt – wie halt auch daheim im Wohnzimmer.
Immer wieder kommen an diesem Nachmittag Gäste herein, werden umarmt, durch Handschlag begrüßt. Viele kommen jeden Tag, sagt Guttenthaler. Manche Schüler holen sich mittags ein Stück Pizza Margherita, gerade erst seien ein paar ehemalige Lehrer dagewesen, am Abend kommen viele junge Leute. Das Besondere sind hier nämlich die Öffnungszeiten.
Reservieren kann man hier nicht
Von 12 Uhr bis Mitternacht ist das Ciao Mausi geöffnet. "Wir wollten hier einen Ort schaffen, wo man jederzeit hinkann", sagt Hildebrandt. Früher habe ihnen das in Weßling gefehlt. In der ländlichen Gegend machen die Gaststätten eben oft schon um 22 Uhr zu.

Reservieren kann man nicht, man kann einfach nur hingehen. Manchmal könne es dann schon mal sein, dass am Mittwoch um 18 Uhr alles voll sei. "Aber dann ist das halt so."
Vorbild für das Ciao Mausi ist die Barkultur in Italien. Dort gibt es in jedem kleinen Dorf eine Kaffeebar. Das sei immer dieser Ort, an den auch alte oder einsame Menschen gehen können und sich mit dem Personal unterhalten, sagt Hildebrandt. Dieser Ort soll das Ciao Mausi auch sein.
"Wir wollen keine Abfertigung"
Die Gerichte sind ebenfalls italienisch angehaucht. Wein kommt von befreundeten Winzern aus Italien. Und so gibt es auf der Weinkarte auch spezielle Schmankerl, die nicht jeder kennt. Gerade haben sie einen Produzenten aus Italien für ihre Aufschnitte gefunden - eine Metzgerei, die seit vier Generationen betrieben wird.
"Wir wollen keine Abfertigung, sondern einen Raum, wo wir auch Geschichten mit unserem Essen erzählen können", sagt Guttenthaler. Natürlich sei es ein Stück Pizza, meint Hildebrandt. "Aber es ist halt auch selbstgemachter Teig, der bei uns 48 Stunden lang geht. Und es fängt beim Käse an und hört beim Aufschnitt auf: Das sind Dinge, die gut sind."
Auch für den kleinen Geldbeutel gibt es zu essen
Die Karte ist eher klein gehalten, es gibt Pizza, Focaccia, italienischen Aufschnitt und Nachspeisen. Alle zwei bis drei Tage ändere sich etwas, denn man wolle die Gäste nicht langweilen. "Das langweilt mich ja sonst selbst auch beim Kochen", sagt Guttenthaler.
An Zutaten wird gekauft, was gerade Saison hat. "Und dann schauen wir, was wir daraus machen." Letztens hat ihnen jemand Quitten vorbeigebracht - "besser geht's doch nicht".
Auch für den kleinen Geldbeutel gibt es hier zu essen: Das Stück Pizza Margherita kostet vier Euro, ein kleines Bier zwei Euro und ein Espresso 1,50. Es gebe aber auch Champagner zu kaufen. "Reich wird hier keiner damit", sagt Hildebrandt. "Aber glücklich vielleicht."
Das "Ciao Mausi" befindet sich in der Bahnhofstraße 11a in Weßling. Dienstag bis Samstag hat es von 12 Uhr bis 24 Uhr geöffnet.