»In Bayern haben die keine Chance!«
Das politische Erdbeben von Hessen stellt den politischen Parteien die Richtungsfrage. CSU-Chef Erwin Huber im AZ-Interview über Strategien gegen die Linkspartei und Kochs Fehler.
AZ: Welche Lehren ziehen Sie aus dem Desaster von Koch?
ERWIN HUBER: Einmal, dass wir eine Kombination von Kompetenz und Sympathie einbringen werden. Zweitens, dass wir die ganze Breite der Landespolitik vertreten. Drittens, dass wir unsere Wähler mobilisieren.
Hat Koch das nicht getan?
Wenn man zwölf Prozent verliert, dann hat man in der Wahlkampfführung einiges übersehen. Wir werden unsere Lehren daraus ziehen.
Günther Beckstein hat im CSU-Vorstand auch das Ergebnis von Christian Wulff enttäuschend genannt und damit die Messlatte für Bayern hochgehängt.
Wulff hat 42 Prozent. Für uns ist die Messlatte 50 plus X.
Sind in Deutschland mit konservativer Politik und fremdenfeindlichen Parolen keine Stimmen mehr zu gewinnen?
Fremdenfeindliche Parolen sind nicht Gegenstand der Wahlkampfführung der Union. Dass aber die Fragen der Inneren Sicherheit von uns angesprochen werden, ist klar. Wir sind die Partei, die diese Gefahren auch weiterhin anspricht.
Bei Kochs Zuspitzung der Jugendkriminalität hat sich die CSU aber zurückgehalten.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir eine Herabsetzung der Strafmündigkeit nicht beabsichtigen.
Hat Koch mit seinem Wahlkampf der Union geschadet?
Ich sehe nicht, dass mit der Hessen-Wahl die gesamte Union auf dem Prüfstand war. In beiden Ländern ist die CDU die stärkste Kraft.
Landesgruppenchef Peter Ramsauer hat gesagt, das Ergebnis habe allein Koch zu verantworten.
Das sieht man bei der CDU in Hessen wahrscheinlich nicht so. Wir suchen keine Sündenböcke. Es ist völlig klar, dass wir die Verluste in Hessen und Niedersachsen nicht wegdiskutieren wollen. Sie sind schmerzhaft.
Erklären Sie die Verluste.
Man hat die Erfolge der CDU-Landespolitik zu wenig verkauft. Und man hat zugelassen, dass der Wahlkampf zur Stimmungsmache gegen Koch geworden ist.
Hat Koch nicht selbst die Stimmung gemacht?
Koch ist Koch. Er hat neun Jahre erfolgreich regiert. Dass er Klartext redet, weiß man. Dass man heute aber in der Landespolitik ein breiteres Spektrum darstellen muss, ist eine Erkenntnis.
Wird die deutsche Politik weiter nach links rücken?
Das Parteienspektrum links der Mitte hat sich weiter aufgesplittert. Ich sehe da die SPD in der Verantwortung. Sie hat die Themen wie Mindestlohn und soziale Gerechtigkeit eingeführt. Und die Linke hat geerntet. Ich empfehle der SPD, im eigenen Interesse nicht mehr eine solche Wahlstrategie zu machen.
Herr Stoiber hat Sie belehrt, dass sie mit dem alten Slogan: „Freiheit statt Sozialismus“ heute nichts mehr reißen.
Wir werden einen Lagerwahlkampf gegen Links führen und diese Schaumschläger entlarven. Mit welchem Wortlaut, ist noch geheim.
Ihre Vorstandssitzung war ernst. Beckstein beklagte, dass die Zustimmung vor allem bei Rentnern abflaue und die CSU da etwas tun müsse, er aber auch nicht wisse, was. Wissen Sie’s?
Wir dürfen uns nichts vormachen. Günther Beckstein hat zurecht darauf hingewiesen, dass es Probleme gibt, wenn der Rentenzuwachs deutlich unter der Preissteigerungsrate bleibt. Aber in Hessen haben 48 Prozent der über 60-Jährigen die CDU gewählt.
Welche Chance haben die Linken in Bayern.
Keine.
Interview: Angela Böhm