Immer tiefer rein ins Chaos

Nicht mehr als eine Klamotte: O’Caseys „Das Ende vom Anfang“ im Erlanger Theater
von  Abendzeitung
Blutige Anfänger in der Küchenschlacht: Hermann Große-Berg (li.) und Christian Baus in „Das Ende vom Anfang“.
Blutige Anfänger in der Küchenschlacht: Hermann Große-Berg (li.) und Christian Baus in „Das Ende vom Anfang“. © Berny Meyer

ERLANGEN - Nicht mehr als eine Klamotte: O’Caseys „Das Ende vom Anfang“ im Erlanger Theater

Das bisschen Haushalt macht sich von allein, glaubte Johanna von Koczians Gatte in den 70ern. Er hätte es besser wissen können: Schon 1937 zeigte der irische Dramatiker Sean O'Casey, dass es da mit den Kenntnissen des starken Geschlechts nicht weit her ist. Im Komödien-Einakter „Das Ende vom Anfang" schickt er den miesepetrigen Darry in die Schlacht um Küche und Kuh, nachdem die Gattin zum Wiesemähen auszog.

In der Großraum-Küche im Ikea-Design und mit riesiger Edelstahl-Dunstabzugshaube, die Ulrike Schlemm auf die Bühne des Erlanger Markgrafentheaters stellt und mit Nippes zwischen Kuckucksuhr und Schmetterlingssammlung füllt, herrscht bald das Chaos. Denn sobald Linda Foersters resolute Lizzie das Haus verlassen hat, stört Christian Baus' schlaksiger Barry mit Kurzsichtigkeit und dämlichen Ideen Darry. Gemeinsam üben sie eine peinliche Choreografie, bei der sich ahnen lässt, warum ausgerechnet Hermann Große-Berg, eben noch Johann Wolfgang von Goethe Faust, den Darry spielen muss: Seine Körpermasse in Aktion sorgt für Lacher.

Das Ringen mit der Tücke der Objekte endet im Klamauk

Dass er mit Rolle und Komödientiming wenig anzufangen weiß, bleibt während der guten Stunde, in der die Männer die Bühne verwüsten und jeder Versuch, die Ordnung wiederherzustellen, noch tiefer ins Chaos führt, immer präsent. So endet das Ringen mit der Tücke der Objekte im Klamauk. Nur wenige Lösungen überraschen, etwa wenn Barry beim Abtrocknen so lange mit seinem Handtuch ins Leere greift und Luft reibt, bis ihm, als er endlich einen Teller erwischt, dessen Zertrümmerung als Sieg erscheint.

Für die Untiefen dieser verlängerten Stammtischpointe findet Regisseurin Karin Koller keinen Zugang. Aus der Tatsache, dass Darry Berrill und Darry Derill zwei Seiten einer Figur sind (wie ihre Namen nahelegen) oder dem traurigen Witz, dass die Frau als Multitasking-Talent weiterhin die Küche managen muss, während sich Großmaul Darry mit „Kannst du nicht einmal etwas richtig machen?" aus dem Chaos verabschiedet, schlägt sie keine Funken. So kann man sich im Markgrafentheater über eine Klamotte amüsieren. Zur mitreißenden Groteske reicht es nicht. Dafür fehlen dem zerdehnten Abend radikaler Wahnwitz und perfektes Timing.

Georg Kasch

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