Immer nach dem Lustprinzip

NÜRNBERG - Das Münchner Duo Unsere Lieblinge lädt in Nürnberg zur musikalischen Nachtwanderung ein
Sie singen und swingen mit Bass und Trommel. So spielerisch und schelmisch wie kaum ein anderes Duo hierzulande. Stefan Noelle und Alex Haas aus München haben als Unsere Lieblinge vor über 15 Jahren eine Marktlücke entdeckt, mit Comedy, die Vordergründigkeit und Genres hinter sich lässt. Im Nürnberger Hubertussaal ist am heutigen Samstag (20 Uhr) Deutschland-Premiere für ihr wunderbares Themen-Album „Nacht“ (GLM Music).
AZ: Herr Noelle, ist „Nacht“ ein weiterer Schritt in Richtung Konzept-Abend?
STEFAN NOELLE: Würde ich schon sagen. Wir haben es ja bisher vermieden, immer das gleiche Programm in Konzerten zu spielen, weil man sich dann selber nicht so abnutzt. Aber das ist ja ein Abend, in dem wir die CD vorstellen wollen. In Nürnberg, München und dann in Wien.
Aha, eine exklusive Geschichte.
Extrem exklusiv.
Sind Sie damit näher an die Liederabende von Franz Wittenbrink gerückt?
Wenn man so will, ja. Allerdings sind wir weit entfernt von szenischen Liederabenden. Im Theater sind die Songs nie genug. Was ich nicht besonders mag. Da geht es nie um musikalische Tiefe.
Bei Ihnen sind die Zwischentexte der Humor-Kitt.
Ja. Aber wir springen jeden Abend ins kalte Wasser. Wir schreiben uns ja keine Texte und leisten uns das Unperfekte mit dem Wort. Das ist eine bewusste Entscheidung.
Hat das Wasser denn schon mal gefehlt?
Das habe ich noch nicht erlebt. Der geschriebene Gag funktioniert an einem Abend besser, am anderen schlechter. Bei uns ist es genauso. Aber das Publikum erlebt das Spontane. Das kommt aus unserem Jazz-Background: Jeden Abend neu erleben.
Welche Kriterien muss denn ein Song erfüllen, damit Sie sich seiner annehmen?
Es ist immer das Gleiche: Man erinnert sich an bestimmte Dinge. So ist die Auswahl immer ein Lustprinzip und folgt nie einem Kalkül. Wenn man wie wir in Jugendjahren als Gitarrist angefangen hat, dann ist „Bad Moon Rising“ von John Fogerty bestimmt eines der Lieder, das man abgespeichert hat.
War’s dann die Qual der Auswahl?
Das hat sich so ergeben. Wir haben alles Mögliche probiert und manches auch wieder zurück auf den Ständer gehängt. Wir haben noch eine Liste, da stehen über 80 Titel drauf. Zufällig sind wir auf die Tokio-Hotel-Nummer „In die Nacht“ aufmerksam geworden, die wir dann ins Türkische gedreht haben. Unsere jüngste Beobachtung ist dabei, dass ein Kleinkunstpublikum diesen Spaß gar nicht richtig versteht.
Die meisten Lieder hören sich allerdings mehr nach Hommage und nicht wie eine Parodie an.
Wir sehen uns ja auch nicht als Parodisten. Wir sind zwar in der halbkabarettistischen Ecke unterwegs, sehen uns selbst aber erst mal als Musiker. Letztlich geht’s immer um die Umsetzung.
Liegt der Reiz daran, ein Soundmonster wie Michael Jacksons „Thriller“ auf Stehtrommel und Kontrabass zu reduzieren?
Ja klar. Das Maximale rauskitzeln, was geht.
Sehen Sie sich eigentlich als Opfer einer Musiklawine, die einen ständig verfolgt?
Als Opfer gar nicht. Man trägt die Sachen halt mit sich rum. Das führt dazu, dass man seine Erfahrungen, die Ablagerungen abarbeitet. „Strangers in the Night“ etwa war das Lieblingslied meines Opas. Das habe ich jahrelang gehört.
Bei Ihnen gilt weiterhin: Alles ist erlaubt – Kiss neben Peter Kreuder.
Das war ja auch der Grund, warum wir damals als Duo angefangen haben. Da waren immer Scheuklappen, ein cliquenhaftes Glaubensbekenntnis mit einem Herrn und Meister. Es nervt einfach, nicht über den Tellerrand schauen zu dürfen.
Gilt auch hier das Motto von der „Liedergutmachung“?
Das ist ja eine grundsätzliche Entscheidung. Unsere Besetzung verpflichtet uns, die Lieder zu bearbeiten. Etwas nur hinzurotzen – das funktioniert eben nicht.
Interview: Andreas Radlmaier