Immer mehr Muslime wollen sich in Bayern beerdigen lassen

 Die Nachfrage nach muslimischen Gräberfeldern steigt – doch noch ist die Sargpflicht im Freistaat ein großes Problem.
Marleen Heuer |
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Normalerweise schmücken islamische Gräber lediglich einfache Holzschilder.
Andreas Gebert/dpa Normalerweise schmücken islamische Gräber lediglich einfache Holzschilder.

Die Nachfrage nach muslimischen Gräberfeldern steigt – doch noch ist die Sargpflicht im Freistaat ein großes Problem.

München - Grabsteine, Kerzen und Blumen auf Gräbern sind im Islam nicht üblich. Die letzte Ruhestätte sollte schlicht sein, der einzige Schmuck ein einfaches Holzschild mit Name, Geburts- und Sterbetag. Trotzdem unterscheidet sich das muslimische Gräberfeld des Neuen Südfriedhofs in München kaum vom restlichen Teil.

Eine Mischung aus westlichen und islamischen Bräuchen ist es, was dort zu sehen ist. „Es ist klar, dass man sich auch hier ein bisschen integriert“, sagt die angehende islamische Religionslehrerin Laily Moradi. „Und dann kommen natürlich auch Grabsteine und Blumen dazu. Die Angehörigen wollen es ja schön haben.“

Doch ganz so leicht sind die westliche und die islamische Bestattungskultur nicht zu vereinbaren. Probleme gibt es vor allem wegen der in Bayern vorgeschriebenen Sargpflicht. Auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es sie noch. Im Islam aber müssen die Toten – in weiße Tücher gewickelt und mit der rechten Seite Richtung Mekka gewandt – direkt in der Erde bestattet werden.

Da für viele Muslime ein Sarg nicht infrage kommt, lassen sie sich in ihre Heimatländer überführen. Bei dem Münchner Bestatter Salih Güler wünscht das etwa die Hälfte seiner Kunden. „Wenn es die Sargpflicht nicht geben würde, würden sich viel mehr Muslime in Bayern bestatten lassen“, sagt der 36-Jährige.

Es gibt 13 Friedhöfe mit muslimischen Ruhestätten in Bayern

Über eine Abschaffung der Sargpflicht gab es vor kurzem eine Expertenanhörung im bayerischen Landtag. Die Prüfung wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mitteilt. Trotz Sargpflicht wollen sich immer mehr Muslime in Deutschland beerdigen lassen. In Bayern gibt es etwa 13 Friedhöfe mit muslimischen Gräberfeldern.

Das bayernweit erste dieser Art entstand vor 60 Jahren auf dem Münchner Waldfriedhof. In der Landeshauptstadt gibt es mittlerweile 1730 entsprechende Gräber – auf drei Friedhöfe verteilt. In Nürnberg sind es 410 derartige Ruhestätten. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen. Dreiviertel der Nürnberger Grabstätten sind in den letzten zehn Jahren vergeben worden. Bei der Stadt Würzburg sind die 35 muslimischen Gräber fast vollständig belegt. Nächstes Jahr werden 100 neue angelegt.

Die Islamische Bestattung

In der Regel findet eine islamische Bestattung bereits innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod statt. Zuerst wird der gerade Verstorbene durch eine rituelle Waschung auf das Begräbnis vorbereitet, erklärt Bestatter Mehmet Öztürk. Diese findet in einem Waschraum auf dem Friedhof, im Krankenhaus oder in der Moschee statt. Danach wird der Leichnam in ein weißes Tuch gewickelt und von den Angehörigen in einem Sarg zu einer Moschee transportiert. Dort wird nach dem traditionellen Mittagsgebet ein Leichengebet gesprochen.

Danach wird der Verstorbene zum Friedhof gebracht. Dort wird er auf einem Holzbrett in sein Grab gelassen. Ein oder zwei Angehörige steigen zu dem Toten hinab und entfernen das Holzbrett, damit der Verstorbene direkt auf der Erde liegt. Sie richten dann seinen Körper in Richtung Mekka aus, dem heiligsten Ort im Islam. Anschließend werden Holzbretter quer oberhalb des Verstorbenen verlegt, damit die Erde ihn nicht direkt von oben bedeckt. Die Angehörigen bedecken anschließend das Grab mit Erde und sprechen dabei Gebete. Die genauen Vorgaben einer islamischen Bestattung variieren von Land zu Land.

Der Vater der angehenden Religionslehrerin Laily Moradi will seine letzte Ruhe ebenfalls am liebsten in seiner Heimatstadt Kabul finden, neben dem Grab seiner Mutter. Falls die Sargpflicht in Bayern abgeschafft würde, könnte er sich aber durchaus auch eine Beerdigung in Deutschland vorstellen, erzählt seine Tochter.

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