Immer mehr Franken wandern aus
Ein eigener Verband tagt in Würzburg. Die Anzahl der Menschen, die ihre Heimat verlassen, steigt weiter: 25 von 10.000 Mittelfranken gehen, of wegen guter Jobs
NÜRNBERG/WÜRZBURG Sandstrände, Palmen, Meer – und davor Deutsche, die sich mit neuer Sprache, neuem Job und neuer Kultur herumplagen. So sehen Auswanderer im Fernsehen aus. „Mit der Realität hat das wenig zu tun“, sagt Gabriele Mertens, die Generalsekretärin des Raphaels-Werks. Der Verband berät seit 1871 deutsche Auswanderer. Jetzt tagten seine 30 Berater in Würzburg.
„Die meisten Menschen zieht es in europäische Nachbarländer“, sagt Mertens. „Der klassische Auswanderer ist ein Deutscher, der als Gastarbeiter ins Ausland geht.“ Oft blieben diese bei deutschen Firmen – und versuchten über den Umweg Ausland auf der Karriereleiter zu klettern. Vom Anfang des Jahrtausends bis zum Beginn der Wirtschaftskrise stieg die Zahl der deutschen Auswanderer jährlich auf rund 175.000.
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass gerade die Bayern sehr wanderungsfreudig sind. Vor allem die Oberbayern suchen ihr Glück jenseits der Landesgrenze. Im Jahr 2008 kamen auf 10.000 Einwohner im Regierungsbezirk Oberbayern 38 Auswanderer. Niederbayern hatte eine Quote von 28, Mittelfranken 25, Schwaben 24, Unterfranken 22, die Oberpfalz 19 und Oberfranken 18. Zum Vergleich: Bundesweit liegt diese Auswandererquote bei 23 Fortzügen je 10.000 Einwohnern.
„Die Schweiz und Österreich sind als Zielländer sehr beliebt“, sagt Mertens. Es gebe keine Sprachbarriere, und die geografische Nähe im südlichen Bayern ermögliche es teilweise sogar, zu pendeln. Hohe Auswandererquoten haben in Bayern daher vor allem grenznahe Kreise wie Lindau am Bodensee (51 Auswanderer pro 10 000 Einwohner), das Berchtesgadener Land (47) und Starnberg (43) sowie einige Städte wie Bamberg (45) und Schweinfurt (53).
Ein Beispiel, wie sich bestimmte Bevölkerungsgruppen in der Statistik bemerkbar machen können, hat Gabriele Mertens auch parat: „Gut ausgebildete Deutsche mit türkischem Hintergrund gehen zurzeit gerne in die Türkei zurück.“ Dort gebe es einen Aufschwung. „Gerade junge deutsch-türkische Ingenieure sehen es nicht ein, hier viermal solange einen Job zu suchen wie Kollegen gleicher Qualifikation, aber mit deutschem Namen.“
Doch nicht nur das liebe Geld locke die Menschen. Manchmal siegt einfach auch die Liebe, sagt Gabriele Mertens. „Mancher findet eben im Urlaub seinen Partner. Kommen günstige Jobperspektive und privates Glück zusammen, dann reicht das oft für den Weggang.“ Einen Weggang für immer. Lars-Marten Nagel
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