Immer mehr Corona-Infektionen in Alten- und Pflegeheimen

Das Corona-Virus erreicht die Alten- und Pflegeheime - und damit die Menschen, für die die Krankheit Covid-19 besonders gefährlich werden kann. Verbände haben deshalb vor allem eine wichtige Forderung.
von  dpa
Mundschutzmasken. Foto: Rene Traut/dpa/Symbolbild
Mundschutzmasken. Foto: Rene Traut/dpa/Symbolbild © dpa

München (dpa/lby) - Das Coronavirus breitet sich in Bayern zunehmend in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern aus. "Von Tag zu Tag ist die Lage angespannter", sagte AWO-Landesgeschäftsführer Andreas Czerny am Donnerstag in München. "Das verbreitet sich in einer Turbogeschwindigkeit in so einer Einrichtung." Die AWO fordert deshalb so wie die Caritas eine bessere Ausstattung der Pflegekräfte mit Schutzkleidung. Es sei "richtig, richtig schwer", an Material heranzukommen, beschrieb Gabriele Stark-Angermeier vom Vorstand der Caritas im Erzbistum München und Freising. Manche Einrichtungen stünden auf der Warteliste. Aber: "Wir brauchen diese Schutzausrüstungen sofort."

Zahlreiche Häuser berichteten am Donnerstag von infizierten Bewohnern und Mitarbeitern. Im Landkreis Rosenheim wurde ein komplettes Heim geräumt und die Menschen andernorts untergebracht. 31 der 41 Bewohner sowie mehrere Mitarbeiter hatten sich dort mit dem Virus infiziert. Auch das Helios Klinikum München West hatte am Mittwoch seinen normalen Krankenhausbetrieb geschlossen, nachdem dort 14 Patienten und 2 Mitarbeiter positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden waren. Die Tests wurden daraufhin auf alle Personen in der Klinik ausgeweitet. Nach Auskunft des Ärztlichen Direktors Reza Ghotbi waren aber nur wenige Neuinfektionen hinzu gekommen.

Mit das größte Problem in der Altenpflege ist derzeit der Mangel an Schutzkleidung. "Auch wenn wir offiziell den Krankenhäusern gleichgestellt sind, erleben wir, dass wir das Nachsehen haben", sagte Georg Falterbaum, Direktor des Caritasverbands in der Erzdiözese München und Freising. "Die Beschäftigten in der ambulanten und stationären Pflege stehen gerade jetzt an vorderster Front." Die Situation werde zunehmend kritischer.

Die Behörden verteilten die Bestände teils "extrem langsam und teilweise sehr chaotisch", bemängelte Stark-Angermeier. Auch ambulante Pflegekräfte dürften nicht vergessen werden. Sie seien derzeit das "Schlusslicht" bei Testungen auf das Virus und bei der Ausrüstung. Verzögerungen bedeuteten aber eine Gefahr für die Pflegebedürftigen, die allesamt zur Corona-Risikogruppe zählten.

Ähnlich sieht es Czerny. Er hätte auch ein früheres Betretungsverbot für Alten- und Pflegeeinrichtungen für gut befunden. Manche Häuser hätten das eigenmächtig veranlasst. "Wir haben zum Teil schneller reagiert als die Politik", sagte er. Am Mittwoch hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärt, Pflegeheime sollten zum Schutz vor Ansteckungen vorerst keine neuen Bewohner mehr aufnehmen. Auch Schutzmaßnahmen in den Einrichtungen sollen verschärft werden, etwa durch Priorität bei der Vergabe von Schutzmasken.

Die Caritas meldete am Donnerstag in 4 von 26 Heimen in München und Oberbayern Corona-Infektionen. In einem Pflegeheim der Inneren Mission in München gab es einem Sprecher zufolge am Donnerstag 25 infizierte Bewohner und 17 positiv auf das Coronavirus getestete Mitarbeiter. Im Krankenhaus liege aber keiner.

In rund 15 Pflegeheimen der bayerischen Diakonie gibt es nach Aussage eines Sprechers bislang insgesamt etwa 65 nachgewiesene Infektionen. Bei zwei Dritteln der Fälle handele es sich um Bewohner, bei einem Drittel um Mitarbeiter. Unter den erkrankten Bewohnern habe es zehn Todesfälle gegeben. Im Landkreis Miesbach wurden gut 20 Mitarbeiter einer Reha-Klinik positiv auf Sars-CoV-2 getestet, Dutzende Patienten wurden isoliert. Auch in Heimen im Landkreis München wurde das Virus festgestellt.

Im Kreisalten- und Pflegeheim Werneck (KAPH) im Landkreis Schweinfurt in Unterfranken wurden in einem Wohnbereich 21 von 26 Bewohnern sowie 4 Beschäftigte positiv auf das Virus getestet. "Zwei Bewohnern geht es leider nicht so gut, doch die meisten sind überwiegend symptomfrei oder haben nur geringe Beschwerden", informierte Matthias Gehrig vom Gesundheitsamt Schweinfurt. Am Donnerstagnachmittag sollten alle rund 180 Mitarbeiter getestet werden, ebenso Menschen in anderen Bereichen des Hauses. Im Hans-Sponsel-Haus der AWO in Würzburg waren zuletzt 10 Mitarbeiter und 38 Bewohner positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden, 4 Bewohner starben bereits.

Um das Ansteckungsrisiko gering zu halten, gilt für Alten- und Pflegeheime ein Betretensverbot. Viele Menschen dort leiden deshalb unter Einsamkeit, weil sie ihre Familien nicht sehen können. Bei der Caritas versucht man deshalb, den Kontakt mithilfe von Tablets zu ermöglichen. Viele Heime seien schon vor der Krise damit ausgestattet worden, in anderen gebe es noch Bedarf. Weitere Geräte seien zwar bestellt, es gebe aber Lieferprobleme. Die Caritas freue sich deshalb über Spenden ausgedienter Geräte.

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