Im Handwerk ist Feuer unterm Dach
Es ist die größte Leistungsschau der Branche: In München wurde gestern die Internationale Handwerksmesse eröffnet. Die Stimmung bei den knapp eine Million Betrieben in Deutschland ist schlecht. Der Nachwuchs fehlt, viele Firmen sind zudem verärgert über die Debatte um Dieselfahrverbote.
Da die allermeisten Handwerker Diesel fahren, fürchten sie schlechtere Geschäfte, wenn es in den Innenstädten flächendeckende Fahrverbote geben sollte. Am Freitag wird das ein Thema beim Spitzengespräch der vier größten Wirtschaftsverbände mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Gestern gab es zumindest einen kleinen Lichtblick: Nach langem Lehrlingsschwund steigen die Ausbildungszahlen im Handwerk dank junger Flüchtlinge. Das ist darauf zurückzuführen, dass viele Asylbewerber eine Ausbildung begonnen haben.
Laut des Zentralverbands des Deutschen Handwerks erschweren jedoch nach wie vor bürokratische Hürden die Anstellung von Flüchtlingen. "Für die Betriebe ist nur wichtig, dass sie Rechtssicherheit haben. Das ist bis heute nicht in allen Fällen gewährleistet", sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).
Die bisher vorliegenden Daten aus Bayern deuten darauf hin, dass die Flüchtlinge zwar nicht die Lösung für den Nachwuchsmangel sind, zumindest aber wieder etwas mehr Lehrstellen besetzt werden können. In Bayern war 2017 jeder zehnte neue Handwerks-Lehrling ein Flüchtling: 2705 von 26 459.
Dennoch können sehr viele Lehrstellen nicht besetzt werden. So war in Bayern zum 30. September 2017 laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit fast jede fünfte Azubi-Stelle im Handwerk leerstehend.
"Es hilft weder unserer Gesellschaft noch unserer Wirtschaft, wenn alle Jugendlichen meinen, studieren zu müssen", sagte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern. Die neue Bundesregierung werde eine gezielte Fachkräftestrategie entwickeln.
"Die Politik fährt keine klare Linie", sagt der
Handwerkspräsident
Ausbildungsbetriebe würden gern mehr Flüchtlinge einstellen, auch wenn es häufig an den Deutschkenntnissen fehlt. Eigentlich gilt für junge Flüchtlinge die sogenannte 3+2-Regelung: Wer eine Ausbildung beginnt, darf nach seiner dreijährigen Lehre auch dann noch zwei Jahre im Land bleiben und arbeiten, wenn der Asylantrag abgelehnt wird. Doch Kammern und Betriebe klagen, dass das keineswegs überall einheitlich umgesetzt wird.
In Bayern etwa macht es die CSU-Staatsregierung jungen Afghanen schwer, eine Lehre anzutreten. "Die Politik fährt keine klare Linie", kritisiert der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl.
Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag fordert eine Stichtagsregelung, um den Flüchtlingen, die 2015 und 2016 gekommen sind, eine Ausbildung zu ermöglichen.
Doch handelt es sich keineswegs um ein bayerisches Problem. "Dann heißt das, der (Asylbewerber) hat aber nur einen eingeschränkten Duldungstitel und dann muss der wieder weg", beschreibt ZDH-Generalsekretär Schwannecke die Haltung in manchen Behörden. "Das verstehen viele Unternehmer auch nicht und sagen: Jetzt will ich helfen und ist nix. Dann lasse ich das Ganze."
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