Im Bahnhof: Franke (24) von ICE angesaugt – tot!

Marc G. wurde in Forchheim von einem Schnellzug erfasst. Seine Familie will gegen die Bahn vorgehen.
von  Abendzeitung
Sein Bild steht auf dem Grab: Marc G. wurde nur 24 Jahre alt. Er starb bei einem tragischen Unglück, an dem keiner Schuld haben will.
Sein Bild steht auf dem Grab: Marc G. wurde nur 24 Jahre alt. Er starb bei einem tragischen Unglück, an dem keiner Schuld haben will. © bayernpress

Marc G. wurde in Forchheim von einem Schnellzug erfasst. Seine Familie will gegen die Bahn vorgehen.

FORCHHEIM Es gibt keine Zeugen, auch keine verwertbaren Bilder der Überwachungskameras. Marc G. (24) befand sich ganz allein auf dem Bahnsteig des Forchheimer Bahnhofs, als er von einem durchrasenden ICE erfasst wurde. Er war sofort tot.

Für die Bamberger Staatsanwaltschaft ist der Tod des jungen Mannes ein abgeschlossenes Kapitel. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Es fanden sich keine Hinweise auf ein Fremdverschulden. Und auch die Möglichkeit eines Selbstmords wird ausgeschlossen.

Der Erlanger Rechtsanwalt Holger Zebisch, der im Auftrag von Marcs Eltern tätig ist, hat einen anderen Blickwinkel auf das Drama. „Ich werde gegen die Einstellung juristisch vorgehen – und ich werde die Deutsche Bahn zivilrechtlich auf Schmerzensgeld und Schadensersatz verklagen“, sagte er zur AZ. Er ist im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft nämlich davon überzeugt, dass die Deutsche Bahn ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist.

Im ICE-Streckennetz spielt der kleine Forchheimer Bahnhof keine Rolle. Die schnellen Züge, die nur in großen Städten halten, rasen hier mit bis zu 160 Stundenkilometern einfach durch. „Dabei“, so Zebisch, „entsteht eine starke Sogwirkung. Wer zu dicht an der Bahnsteigkante steht, kann an den Zug regelrecht herangesaugt werden.“ Alles spricht dafür, dass auch Marc G. von dieser Sogwelle erfasst worden ist.

Der Anwalt: Die Warn-Hinweise reichen nicht aus

Um derartige Zwischenfälle zu verhindern, hat die Deutsche Bahn am Forchheimer Bahnhof Hinweisschilder aufgestellt, die vor den vorbeirauschenden ICEs warnen. Außerdem ist auf den Bahnsteigen eine weiße Linie angebracht, die aus hellen Fliesen besteht und den notwendigen Sicherheitsabstand zu den Zügen markiert. Diese Linie ist der Streitpunkt. Rechtsanwalt Zebisch: „Die Frage ist, ob diese Linie von jedem Reisenden als sicherheitsrelevant erkannt wird. Sie könnte genauso gut nur als optischer Aufheller des tristen Bahnsteigs wahrgenommen werden. Das reicht nicht, um die Sicherheit der Reisenden zu gewährleisten.“

Marc hatte gerade seine Meisterprüfung bestanden

Für Marcs Mutter kommen derartige Überlegungen zu spät. Der Tag, an dem ihr Sohn starb, war der schlimmste in ihrem Leben. Am frühen Abend hatte er bei ihr angerufen und war in Hochstimmung, weil die Meisterprüfung, die er ablegen musste, so gut gelaufen war. Danach ging er noch mit Freunden feiern - und behielt den Überblick. „Ich lasse das Auto in Nürnberg stehen und fahre mit dem Zug heim“, teilte er telefonisch auch noch seiner Freundin mit, damit sie sich keine Sorgen machen musste. Um 23.15 Uhr kam Marc schließlich am Bahnhof in Forchheim an. Wenige Minuten später erfasste ihn der vorbeirasende ICE.

Ursula G. will sich mit den dürftigen Erklärungen der Bahn nicht zufrieden geben. „So etwas“, sagt sie, „darf nie mehr passieren. Dafür kämpfe ich.“ Helmut Reister

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