Illegaler Welpenhandel: Bekommen die Tierquäler diese Hunde zurück?
Lindau - Es ist einer der rührendsten Weihnachtsfilme: Ein Mädchen öffnet ein Paket - und drin sitzt ein beige-weißer Welpe mit seidigem Fell und langen Ohren. Was für Susi, die Hundedame aus "Susi und Strolch", den Anfang eines Märchenlebens bedeutet, ist für viele Tierbabys eine Tortur: Sie bezahlen den Traum rührseliger Angehöriger vom Welpen unterm Weihnachtsbaum mit dem Leben.
Und manchmal hat das Elend dabei sogar das Gesicht von "Susi": Neun Hundebabys der Rasse Cavalier King Charles haben Beamte der Lindauer Polizei jüngst in Schwaben entdeckt. Todkrank kauerten die wenige Wochen alten Tiere in vier mit Papierschnipseln gefüllten Transportboxen in einem Opel.
Auf der A96 hatten die Beamten am 30. November das Auto mit osteuropäischem Kennzeichen gestoppt. Die 43- und 49-jährigen Männer darin waren unterwegs von Bulgarien in die Schweiz.
Deutscher Tierschutzbund warnt vor Internetkäufen zu Weihnachten
Den Polizisten fiel auf, dass die Tiere krank waren. Die Papiere waren nicht in Ordnung. Sie alarmierten das Veterinäramt. Falsche Papiere deuten oft auf osteuropäische Vermehrerfabriken hin, in denen Hündinnen unter qualvollen Bedingungen in Serie gedeckt werden und in engen Verschlägen vegetieren - weshalb der Deutsche Tierschutzbund zu Weihnachten erneut vor Internetkäufen warnt: Während man unseriöse Anzeigen früher an niedrigen Preisen und am gebrochenen Deutsch erkannt hat, ist die Professionalisierung heute fortgeschritten, die Verfolgung fast unmöglich. Die Profis wechselten laufend ihre Profildaten - und durch die Onlinegeschäfte bleiben die Hintermänner anonym.
Die kriminellen Strukturen profitieren vom Haustier-Boom während der Corona-Krise: Die Bundespolizei hat zwischen Januar und Oktober 24 Gesetzesverstöße in Zusammenhang mit illegaler Einfuhr oder illegalem Handel mit Tieren festgestellt.
Den Männern aus Bulgarien wird zunächst jeweils eine dreistellige Summe für die Verfahrenskosten als Sicherheit abgenommen. Die Beamten erstatteten Anzeige gegen beide. Informell kommt heraus, dass kurz nach der Beschlagnahmung ein Welpe bereits tot ist.

Mehrere Anfragen beim Landratsamt zum Zustand der Tiere bleiben unbeantwortet mit Verweis auf das "laufende Verfahren". Auch die Rückfrage bei übergeordneten Behörden ist erfolglos: Man habe "hierzu keinen Vorgang". Die Medienarbeit läge beim Veterinäramt vor Ort.
Nach drei Wochen bestätigt das Landratsamt Lindau immerhin offiziell: "Alle neun Tiere waren unterschiedlich schwer erkrankt, ein Welpe ist mittlerweile leider verstorben", so die Pressesprecherin zur AZ. Stand heute sind sieben Welpen bei relativ gutem Gesundheitszustand, sie müssen jedoch nächste Woche nochmals nachuntersucht werden. Von dem Ergebnis dieser Untersuchung hängt ab, ob eine weitere Behandlung notwendig ist. Ein Welpe ist auch nach drei Wochen noch so krank, dass er tägliche Behandlung braucht.
Händler bleibt rechtlich weiterhin Eigentümer der Welpen
Ob sie an die Schlepper zurückgehen? "Eine Herausgabe der Tiere an den Besitzer kommt (...) bei tierseuchenrechtlichen Verfahren in Betracht. Bei Verstößen gegen das Tierschutzrecht werden die Tiere einbehalten und in gute Hände vermittelt", so die Behörde.

"Leider ist es laut Rechtsprechung so, dass der Händler weiterhin der Eigentümer der Welpen bleibt. Es gibt keine rechtliche Grundlage, ihm dieses zu entziehen", sagt Melanie S. Die Tierschützerin spürt Anzeigen auf, die sie zu professionellen Schleppern führen. "Wenn ein Händler nach der Quarantänezeit seine Schulden bei dem Veterinäramt begleicht, kann er seine Hunde sofort abholen. Das passiert leider öfter als man denkt, gerade bei besonderen Rassen oder Listenhunden." Die Summe, die die Tierhändler zahlen müssen, ist dabei weit geringer als der Wert eines einzelnen Hundes.
Wenn Welpen nach der Quarantäne ausgelöst werden, "ist man machtlos! Es gibt sogar Händler, die die Welpen danach entsorgen, weil sie schon älter sind, und viele Käufer nur ganz junge wollen."
In Lindau haben die mutmaßlichen Tierhändler die Besitzrechte noch nicht an die Behörden abgetreten. Im Gegenteil: Nach inoffiziellen Informationen haben offenbar mehrere Personen angerufen, sich als Besitzer ausgegeben und nach den Welpen gefragt.
"Die einzige Sache auf der Welt, die man für Geld nicht kaufen kann, ist das Schwanzwedeln eines Hundes", heißt es in "Susi und Strolch". Wie viel Tierleid sich aber mit ausreichend Kleingeld kaufen lässt, könnte sich schon bald in Lindau zeigen.
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