Illegale Autorennen in Bayern: Raser ohne Rücksicht

München - Selbst das Coronavirus kann illegale Autorennen nicht stoppen. Unlängst haben sich beispielsweise in der Nähe von Kaufbeuren zwei Fahrer mit ihren 507 und 408 PS starken Wagen einen Wettstreit geliefert.
Ganz aktuell ist auch ein weiterer Fall aus Niederbayern, der die Gefahr für Fahrer und Unbeteiligte sehr deutlich zeigt: Zwei Männer haben sich am Mittwoch zwischen Triftern (Kreis Rottal-Inn) und Kößlarn (Kreis Passau) ein Rennen geliefert – wohl auch, weil sich ein 20-Jähriger von einem bisher unbekannten SUV-Fahrer provoziert gefühlt haben soll.
Seit 2017 gelten illegale Autorennen als Straftat
Dieser soll den jungen Mann überholt, ihn dabei fotografiert und ihn schließlich beim Wiedereinscheren ausgebremst haben. So beschreibt es der 20-Jährige jedenfalls.
Daraufhin verfolgte dieser das silber-graue Gefährt über die Landkreisgrenzen hinweg. Massiv zu schnell, wie der "Bayerische Rundfunk" über den Fall berichtet. In einer Kurve verlor er die Kontrolle und fuhr gegen einen Baum.
Sein Glück: Er blieb unverletzt. Sein doppeltes Glück: Nur wenige Zentimeter hätten gefehlt und er wäre in zwei Radfahrer geschleudert worden. Die Polizei in Bad Griesbach ermittelt – wer den SUV gefahren hat, ist noch unklar. Und der 20-Jährige hatte obendrauf falsche Kennzeichen montiert.
Seit 2017 gelten illegale Autorennen als Straftat. Dennoch kommt es in Deutschland und auch im Freistaat immer wieder zu neuen PS-Wettkämpfen – das hat eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Markus Rinderspacher ergeben.
Illegale Autorennen ergeben sich meistens spontan
Laut bayerischem Innenministerium hat es 2018 und 2019 insgesamt 485 private illegale Autorennen gegeben, bei denen sich Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit "grob rechtswidrig und rücksichtslos" durch den Verkehr bewegten.
Die Treffen würden sich in der Regel spontan ergeben, beispielsweise an einer Ampel oder über Messenger-Dienste. Das erklärt, warum es in den meisten Fällen nicht mehr als zwei Teilnehmer gibt. Zusätzlich gebe es organisierte illegale Autorennen, bei denen Bayern als Transitland genutzt werde – allerdings keine in den vergangenen zwei Jahren.
Die Teilnehmer privater Autorennen sind laut dem Haus von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fast ausschließlich männlich, in den meisten Fällen unter 30 Jahre alt und Besitzer leistungsstarker Fahrzeuge unterschiedlicher Marken.
Bei 32 Rennen kamen in Bayern 63 Menschen zu Schaden
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Teilnehmern organisierter illegaler Autorennen: Sie sind überwiegend männlich, jüngeren bis mittleren Alters und fahren hochmotorisierte Premiumfahrzeuge – allerdings sind die Teilnehmer in der Regel aus dem europäischen Ausland. Oftmals sind die Rennen mit hohen Start- und Preisgeldern verbunden.
Die Folgen dieser illegalen Rennen sind drastisch: Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden bei 32 derartigen PS-Wettkämpfen in Bayern 63 Personen verletzt und drei Menschen getötet. Laut Innenministerium wurde bei 747 Personen die Identität überprüft, 13 Personen sind vorläufig festgenommen worden.
Wie viele Ermittlungsverfahren aufgrund dieser Vorfälle eingeleitet wurden, könne mangels Statistik nicht beantwortet werden. Insgesamt wurden 2018 wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen 40 Personen mit der schwersten Strafe von zwei Jahren Haft verurteilt, drei freigesprochen und in neun Fällen wurde das Verfahren eingestellt. Die Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor.
Illegale Autorennen: Das tut die bayerische Staatsregierung
Um illegale Autorennen künftig stärker zu unterbinden, setzt die Staatsregierung auf eine zentrale Informationssammelstelle beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord. So soll die präsidialübergreifende Steuerung einsatzbezogener Informationen in Bayern gewährleistet werden. Bundesweit fungiert das Innenministerium Nordrhein-Westfalen als Informationssammelstelle.
Zudem betrieben die Polizeipräsidien eine offensive Öffentlichkeitsarbeit, um die strafrechtlichen Konsequenzen illegaler Rennen aufzuzeigen. Eine Gesetzesverschärfung lehnt die Staatsregierung aktuell ab. Die im Jahr 2017 in das Strafgesetzbuch eingefügte Vorschrift biete "eine effektive Grundlage für die Verfolgung und Ahndung von verbotenen Kraftfahrzeugrennen".
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