„Ich wurde mit Mord bedroht!“

Ein verschossener Elfer gegen den FC Bayern machte Manni Schwabl zum Buhmann. Der heute 43-Jährige spielte zwei Mal beim Club – und bei den Münchnern
von  Abendzeitung
Manfred „Manni“ Schwabl war Fußballspieler mit Leidenschaft. Heute arbeitet der Ex-Profi in der Immobilienbranche.
Manfred „Manni“ Schwabl war Fußballspieler mit Leidenschaft. Heute arbeitet der Ex-Profi in der Immobilienbranche. © Astrid Schmidhuber

Ein verschossener Elfer gegen den FC Bayern machte Manni Schwabl zum Buhmann. Der heute 43-Jährige spielte zwei Mal beim Club – und bei den Münchnern

Zum 180. Mal findet heute das bayerische Bundesliga-Derby statt: der Club gegen den Erzrivalen FC Bayern. Manfred Schwabl (43) spielte bei beiden Vereinen. Er kennt deshalb die Brisanz des sportlichen Gipfeltreffens wie kaum ein anderer.

AZ: Für wen schlägt am Samstag Ihr Herz – für die Bayern oder für den Club?

MANFRED SCHWABL: In diesem Fall halte ich zum Club. Der braucht schließlich jeden Punkt, um nicht abzusteigen. Und die Bayern werden wahrscheinlich auch ohne die Punkte aus Nürnberg am Ende Deutscher Meister.

Ein Sieg oder auch nur ein Unentschieden gegen das Münchner Star-Ensemble in Erwägung zu ziehen, ist ziemlich kühn. Die Bayern gewinnen in der Bundesliga derzeit jedes Spiel.

Wenn es immer nach der Papierform ginge, müsste man die Spiele gar nicht mehr austragen. Aber so ist es halt nicht – zum Glück!

Die Unterschiede sind aber schon gewaltig: Ribéry und Robben haben Weltklasseniveau, Gomez ist der teuerste Mittelstürmer der Liga – und auf der Bank sitzen Spieler, von denen nicht nur der Club träumen würde.

Also gut, dann sage ich es so: Wenn die Bayern auf ihrem höchstmöglichen Niveau spielen und der Club auch, sieht es für den FCN schlecht aus. Aber ist es so? Vielleicht erwischt der Club einen Super-Tag und die Bayern einen schlechten. Dann ist alles möglich. So weit klafft das Leistungsvermögen der Bundesliga-Vereine auch wieder nicht auseinander. Im Prinzip kann jeder jeden schlagen. Und diesmal könnte den Bayern auch noch das Champions League-Spiel gegen Florenz vom Mittwoch in den Knochen stecken.

Ist die Begegnung Club gegen Bayern für die Spieler etwas Besonderes?

Gegen die Bayern zu spielen, ist immer etwas Besonderes. Das ist ein Derby. Man ist nervöser, ein bisschen aufgeregter, konzentrierter.

Und für die Bayern sind die 160 Kilometer Busfahrt ins easyCredit-Stadion eher eine Spazierfahrt in die Provinz, um schnell ein paar Punkte mitzunehmen?

Dass die Bayern-Spieler so denken, glaube ich ganz und gar nicht. Das war auch zu meiner aktiven Zeit nicht so – und daran hat sich nichts geändert. Der Club ist einer der Traditionsvereine in Deutschland. Er hat ein schönes Stadion und ein Umfeld, um das ihn viele andere Vereine beneiden. Wer hat schon so viele, so treue und so leidenschaftliche Fans? Mit Provinz hat das sicher nichts zu tun.

Trotzdem ist der Club eine Fahrstuhl-Mannschaft, mal rauf, mal runter. Warum kommt nicht mehr Konstanz in den Verein?

Das ist schwer zu sagen. Vielleicht hatte man in den vergangenen Jahren in der Führungsetage des Club einfach zu wenig Geduld. Die vielen, vielen Trainerwechsel sind jedenfalls ein Indiz dafür.

Überrascht es Sie, dass der Club in der aktuellen Tabelle auf einem Abstiegsrang steht?

Also, wer zu Beginn der Saison geglaubt hat, dass der Club um einen Europa-League-Platz mitspielt, dürfte eher dem Kreis der hoffnungslosen Optimisten angehören. Von einer so jungen Mannschaft kann man das nicht erwarten. Auf der anderen Seite läuft es derzeit für den Club schon sehr unglücklich.

So unglücklich, dass er nicht mehr zu retten ist?

So weit ich das beurteilen kann, gibt es Bundesligamannschaften, die schwächer sind als der Club. Hertha BSC wird nicht mehr aus dem Tabellenkeller herauskommen. Hannover hat richtige Probleme. Und ob Mannschaften wie Bochum oder Freiburg besser sind als Nürnberg möchte ich stark bezweifeln. Trotzdem wird es ganz eng. Vielleicht läuft es auf die Relegation hinaus. Aber ich gehe davon aus, dass der Club auch in der nächsten Saison in der ersten Bundesliga spielt. Da gehört er einfach hin.

Sie haben zwei Mal bei den Bayern gespielt und zwei Mal für den Club. Wo hat es Ihnen besser gefallen?

Die Frage lässt sich nicht mit einem einzigen Satz beantworten. Dazu sind die beiden Vereine viel zu unterschiedlich. Als ich 1986 beim Club einen Vertrag unterschrieb, war das genau die richtige Entscheidung. Ich wollte einfach nur Fußball spielen, mehr nicht. Und bei den Bayern saß ich in meiner ersten Saison als Profi einfach zu oft auf der Bank.

Das ist Ihnen in Nürnberg nicht passiert: Neben Torwart Andy Köpke und Nürnbergs Kult-Kicker Dieter Eckstein gehörten Sie zu den Leistungsträgern der Mannschaft. Was waren Ihre Stärken?

Ich war ziemlich laufstark und hatte eine gute Technik...

...und schafften es in Ihrer Zeit beim Club bis in die Nationalelf. Könnten Sie mit Ihrem damaligen Leistungsvermögen heute, mehr als 25 Jahre später, auch noch in der ersten Bundesliga mithalten?

Technisch wahrscheinlich schon. Entweder man kann Fußball spielen oder eben nicht. Das ist gleich geblieben. Aber ansonsten hat es natürlich starke Veränderungen gegeben. Fußball ist heute viel athletischer, schneller. Und vor allen Dingen sind die Spiele viel stärker von Taktik geprägt. Die spielt heute eine ganz entscheidende Rolle.

Können Sie mit dem Datum 23. April 1994 etwas anfangen?

Das ist eine etwas scheinheilige Frage, weil Sie genau wissen, dass ich mit diesem Datum einen gewissen Albtraum verbinde. Ich war hinterher der Buhmann.

Was ist passiert?

Das Spiel Bayern gegen den Club im Münchner Olympia-Stadion ging als „Phantom-Tor-Spiel“ in die Bundesligageschichte ein. Thomas Helmer schoss knapp am Tor vorbei, Schiedsrichter Osmers sah den Ball aber drin und gab den Treffer, der eigentlich keiner war.

Und wieso waren Sie der Buhmann?

Weil es beim Stand von 2:1 für die Bayern einen Elfmeter für den Club gab. Ich habe mir den Ball geschnappt – und das Ding versemmelt.

Das ist aber anderen auch schon passiert.

Bloß ich wurde dann für den späteren Abstieg des Club aus der Bundesliga verantwortlich gemacht. Der eine Punkt, den wir bei einem Unentschieden bekommen hätten, hätte für den Klassenerhalt ausgereicht. So aber wurde wegen des Phantom-Tors von den Verantwortlichen des Club Protest eingelegt und das Spiel wiederholt. Das haben wir dann 5:0 verloren.

Und Sie sind von da an gnadenlos von den eigenen Fans ausgepfiffen worden!

Das Pfeifen von den Rängen muss man als Profi aushalten. Aber das war schon etwas schlimmer. Ich wurde übelst am Telefon beschimpft und beleidigt – und ich bekam sogar etliche Morddrohungen. Wie ernst die letztendlich zu nehmen waren, weiß ich nicht, Aber es war eine sehr unangenehme Situation.

Sie haben am Ende der Saison dann den Club verlassen. Mit schlechten Erinnerungen?

Überhaupt nicht. Die Zeit beim Club möchte ich nicht missen.

Schauen Sie sich manchmal noch ein Spiel an?

Gelegentlich gehe ich schon noch ins Stadion. Aber derzeit interessiert mich vor allen Dingen die Spielvereinigung Unterhaching.

Die spielt aber nur Dritte Liga. Woher kommt das Interesse für den Münchner Vorstadt-Verein?

Das ist ganz einfach: Dort spielt mein Sohn Markus.

Bekommt der vom Papa Tipps?

Freilich unterhalten wir uns über Fußball – und ich denke, dass er schon zuhört, wenn ich ihm einen Rat gebe.

Dann geben Sie mal dem Club einen Rat, wie er heute gegen Bayern gewinnt.

Auf solche Tipps können die Spieler verzichten. Die wissen schon selbst, wie es funktionieren könnte. Bedingungsloser Einsatz und Leidenschaft können alles möglich machen. Interview: Helmut Reister

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