"Ich hatte Todesangst"
Brutaler U-Bahnschläger hätte den Familienvater (36) fast umgebracht. Am Dienstag begann der Prozess
NÜRNBERG Es hat nicht viel gefehlt – und John S. (36) wäre heute nicht mehr am Leben. Im Dezember 2009 prügelte ihn der Nürnberger Alexis L. (25) im U-Bahnhof Langwasser fast zu Tode. Die Erinnerungen verfolgen ihn bis heute, rauben ihm immer noch den Schlaf. „Ich hatte damals Todesangst“, so der gebürtige Amerikaner. Am Dienstag begann der Prozess. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag. Alexis L. streitet die Tat nicht ab, behauptet aber, einen Filmriss zu haben.
Das Opfer: "Ich hatte keine Chance"
Wie auf einen Fußball soll der Deutsch-Grieche wieder und wieder auf den Kopf seines Opfers eingetreten haben. Mehrfach soll er versucht haben, ihn auf die Gleise zu stoßen. Das Opfer erinnert sich mit Schrecken: „Er ist wie ein Irrer auf mich losgegangen. Ich hatte keine Chance.“ Erst als ein weiterer Passant dazu kam, ließ Alexis L. ab – und flüchtete.
John S. überlebte die brachiale Attacke zwar. Seine schweren Verletzungen – vor allem das Schädel-Hirn-Trauma – hätten den Familienvater aber laut Staatsanwaltschaft auch töten können. Das Motiv ist erschreckend banal: John S. konnte Alexis L. kein Feuer geben. Da rastete er aus.
Die Täterschaft ist durch eine Videoaufzeichnung eindeutig belegt. Darauf ist Alexis L. nicht nur mit einem auffälligen Havanna-Hut zu sehen. Das Video zeigt ihn außerdem kurz vor der Tat beim Telefonieren mit seinem Handy. Das Gespräch konnte nachverfolgt und ihm eindeutig zugeordnet werden.
Der Schläger war zugedröhnt auf dem Weg zu seiner Freundin
An vieles in jener Nacht kann sich der stark sehbehinderte Alexis L. noch ausgezeichnet erinnern. Bereitwillig machte er detaillierte Angaben. Auf einer Cocktailparty habe er viel getrunken – zehn harte Drinks, die Mischverhältnisse wusste er genau. Dazu kamen größere Mengen Haschisch. Zugedröhnt wie er war, habe er sich dann auf den Weg zu seiner Freundin gemacht. Dass er im U-Bahnhof auf John S. getroffen ist, wisse er aber nicht mehr. Bei der Polizei sei ihm das entscheidende Video-Band vorgespielt worden. Darauf habe er sich dann erkannt. Alexis L: „Also werde ich es gewesen sein.“
Zu klären ist nun, ob Alexis L. voll schuldfähig ist. Seit seinem zehnten Lebensjahr soll er Haschisch rauchen, stark abhängig von der Droge sein. In der Tatnacht war er betrunken. Außerdem besteht der Verdacht, dass er unter einer Persönlichkeitsstörung leidet.
Alexis L. ist schon mehrfach wegen Gewaltausbrüchen aufgefallen. Er steht auch wegen einer wüsten Schlägerei im Jahr 2008 vor Gericht, bei der er mehrere Personen schlimm zurichtete. Diese Tat räumte er in weiten Teilen ein. *Name geändert
mp