Ich blute meine Lieder aus
NÜRNBERG - Songwriter Ben Weaver kommt nach Nürnberg mit Songs, wo „Die Axt in der Eiche“ steckt
Ben Weavers programmatisches Debüt-Album „El Camino Blues“ von 1999 ist heute längst vergriffen – und allenfalls mit viel Glück für teueres Geld bei eBay zu haben. Gleichwohl ist dieses Album ein Meisterstück wie die frühen Platten von Leonard Cohen, Townes van Zandt, Tom Waits oder Nick Cave, die der heute 29-jährige amerikanische Singer-Songwriter gerne als seine großen Vorbilder nennt.
El camino, spanisch: der Weg, ist auch das Ziel des so hellwachen wie scharfsinnigen Songschreibers, der auf diesem Weg vergangenes Jahr einige Zeit in Berlin Station machte, um die Songs seines neuen siebten Albums „The Ax in the Oak“ („Die Axt in der Eiche“) zu schreiben. Dieses ungewöhnlich verspielte Album, das Ben Weaver mit Band am 25. September (20.30 Uhr) im KunstKulturQuartier vorstellen wird, ist bislang das zugänglichste, positivste Album des bärtigen Mannes, der eine lange kreative Zeit seines jungen Lebens in einer ehemaligen Sargfabrik gelebt, gedichtet und musiziert haben soll.
Um Leben und Tod, um Schuld und Sühne mit Dostojewskischem Tiefgang, geht es auch in Ben Weavers Songs. Die besitzen mehr Dringlichkeit, mehr Tiefe und Substanz als die meisten Songs seiner Generationskollegen. „Stories under Nails“, also (blutige) Geschichten, die unter den Nägeln brennen, möchte man übersetzen, hat Weaver sein bislang bestes Album vor vier Jahren genannt. Darauf findet man tief berührende Songs wie „40 Watt Bulb“, wo es um Schmerz, einen blinden Mann und die Zeit geht, die nackt ist „wie ein Mannequin, aber immer nach der jüngsten Mode gekleidet“. „Ich blute meine Lieder aus. Das ist mein Leben", hat Ben Weaver es einmal pathetisch formuliert.
Und auch „The Ax in the Oak", obwohl heller an der Oberfläche, dazu viel aufwändiger produziert und mit Industrial-Sounds atmosphärisch angereichert, ist eine typische Weaver-Platte, ein poetisch-dichtes Werk, das fast zeitgleich mit seinem zweiten Lyrik-Band „The Talking Comes Later“ erschienen ist.
Berlin, der Entstehungsort, taucht nicht eben prominent in diesen neuen Songs auf — wenn überhaupt, dann nur als beflügelndes Katalysator-Ambiente für die luftigen Weaver-Songs. Und die hauen einen nicht mehr so um wie seine dunkel-schweren Killer-Songs, die er immer so gerne schreiben wollte. Aber dringlich sind die neuen Lieder immer noch, wenn auch mit kleinen sanften Luftkissen ausgepolstert, damit der Hörer eher gewillt ist, zu hören, was der Dichter zu sagen hat. Große Kunst bleibt es.Spark
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