Hühner gerissen: Nachbarshund eiskalt erschossen!

"Eine unfassbare Gemeinheit", sagt der traurige Besitzer von Schäferhund "Ragus". "Er hat meine Hühner und Gänse gerissen", sagt der Schütze.
von  Natalie Kettinger
Wenige Minuten nach dem Drama: Die Rosenwirths haben ihren toten Hund im Schubkarren vom Nachbar-Grundstück geholt.
Wenige Minuten nach dem Drama: Die Rosenwirths haben ihren toten Hund im Schubkarren vom Nachbar-Grundstück geholt. © privat

"Eine unfassbare Gemeinheit", sagt der traurige Besitzer von Schäferhund "Ragus". "Er hat meine Hühner und Gänse gerissen", sagt der Schütze.

Walchensee - Darf man den Nachbarshund einfach erschießen, wenn er Geflügel reißt? Am idyllischen Walchensee sorgt dieses gruselige Thema derzeit für hitzige Diskussionen. Aus gegebenem Anlass. Die Justiz wird sich demnächst ebenfalls mit dem gewaltsamen Tod von Schäferhund „Ragus“ beschäftigen.

Aber von Anfang an: Günter Rosenwirth (69), Chef des Traditionshotels „Schwaigerhof“ im Dorf Walchensee, sitzt an einem Sonntagmorgen Ende Juni mit Frühstücksgästen auf der Terrasse. Auch Ragus ist dabei, der vierjährige Schäferhund.

Bei den Urlaubern ist der Rüde äußerst beliebt. Neuankömmlingen gibt er zur Begrüßung brav die Pfote. „Ich habe Gäste, viele mit Kindern, die sind nur wegen dem Hund gekommen“, sagt Günter Rosenwirth mit zitternder Stimme und erzählt, wie krank Ragus als Welpe war. „Er hatte Probleme mit den Füßen und der Verdauung. Aber das haben wir alles in den Griff bekommen. Er war ein ganz toller Hund.“

Doch an diesem Morgen geht Ragus strawanzen. Er läuft über die große Wiese vor dem Hotel in Richtung Nachbargrundstück. „Auf einmal knallt’s, dann hören wir ein markerschütterndes Wimmern“, erzählt Günter Rosenwith von den Augenblicken, die folgten. „Dann knallt’s wieder, mein Hund bellt, obwohl er nie gebellt hat – und dann herrscht Totenstille. Ich habe gleich gewusst, dass etwas passiert ist.“

Mit einem Gast läuft Rosenwirth hinüber zum angrenzenden Anwesen, fragt den 60-jährigen Nachbarn: „Hast du meinen Hund gesehen?“ „Na“, soll der nur schroff geantwortet haben.

„Aber zwei Mädchen hatten beobachtet, wie er einen leblosen Hund hinter einen Schuppen gezogen hat“, sagt Günter Rosenwirth. „Da lag er dann mein Ragus. Mit zwei Bauchschüssen, die wohl aus der Distanz abgegeben wurden und einem Kopfschuss.“

Bei der Obduktion des Hundes in der Tierklinik Weilheim wird festgestellt, dass die letzte Kugel aus nächster Nähe auf Ragus abgefeuert wurde. „Der Schuss war aufgesetzt“, sagt der Besitzer mit tränenerstickter Stimme.

Warum musste Ragus sterben? „Weil er meine Hühner und Gänse gerissen hat. Sieben Stück“, knurrt der Schütze am Telefon. Dann legt er auf. Günter Rosenwirth hat nur ein verletztes Tier gesehen: „Eine Ente wirkte so, als ob er sie erwischt hätte. Aber die anderen sind munter im Teich herumgeschwommen.“ Laut einem Sprecher der Polizeiinspektion Kochel sind jedoch mehrere Tiere in den Tagen nach dem Zwischenfall an ihren Bisswunden verendet.

Der Schwaigerhof-Besitzer sagt, er hätte seinem Nachbarn das Geflügel natürlich ersetzt, keine Frage – wenn er ihn nur herbeigerufen hätte. „Aber er hat nichts gesagt. Er hat Ragus einfach erschossen. Das ist so unfassbar gemein. “

Der geschockte Tierfreund hat noch am selben Tag Anzeige erstattet. Wegen Sachbeschädigung, weil Hunde juristisch als Dinge gelten. Außerdem schieße der Nachbar auf seinem Grundstück ständig auf Füchse, auch das solle aufhören. „Was ist denn, wenn mal ein Kind von einem Querschläger getroffen wird? Das geht doch nicht.“

Zumal der wehrhafte Nachbar weder einen Waffenschein noch eine Waffenbesitzkarte für sein Kleinkalibergewehr besitzt, wie die Ermittler bei einer „Tatortbesichtigung“ herausfanden.

„Angeblich hat er es beim Abriss des Elternhauses gefunden“, sagt der Polizeisprecher aus Kochel. Deshalb liegen gegen den Geflügelhalter nun zwei Anzeigen vor: eine wegen Sachbeschädigung – und eine wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

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