Hopfen und Malz verloren?

Auf Malz aus Gerste und Hopfen können die Brauer nicht verzichten. Doch: Die Rohstoffkrise erreicht die Brauereien: Den Herstellern könnte bald das Bier ausgehen.
Herzog Wilhelm IV. wusste genau, was ins Bier gehört – und das schon anno 1516: „Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.“ So schrieb er es in seinem Reinheitsgebot nieder, bis heute halten sich deutsche Brauer daran. Heute, zum Jubiläum des Reinheitsgebots, feiern sie den Herzog mit dem „Tag des Bieres“.
Verfehlte Agrarpolitik
Auf Malz aus Gerste und Hopfen können die Brauer nicht verzichten: Malz verleiht dem Gebräu die Farbe und prägt den Geschmack. Der Hopfen macht das Bier bitter und haltbar. Braugerste und Hopfen waren relativ günstig– bis jetzt. In Zeiten, in denen die Preise für Öl, Mais, Metalle, Milch, Reis in astronomische Höhen schnellen, bleibt das Bier nicht verschont. Eine verfehlte Agrarpolitik sorgte dafür, dass Malz und Hopfen knapp und teuer sind.
Experten warnen: Die ersten Brauereien könnten schon heuer von der Rohstoff-Krise dazu gezwungen werden,weniger Bier herzustellen oder ihre Produktion ganz einzustellen. Wie konnte es soweit kommen? „Durch die schlechte Ernte in den Jahren 2006 und 2007 hat sich der Preis für manche Hopfensorte verfünffacht“, sagt Lothar Ebbertz, Geschäftsführer vomBayerischen Brauerbund.
Die Hallertau in Bayern, die sich nördlich von München erstreckt, ist mit über 14 000 Hektar Anbaufläche das weltgrößte Anbaugebiet von Hopfen. Weil es in den 90er Jahren jedoch eine Überproduktion gab, die zu niedrigen Hopfenpreisen führte, wurden die Flächen reduziert. EU-Programme wurden aufgelegt, die Hopfenbauern belohnten, die ihre Felder rodeten. Die Folge: Dieweltweite Hopfen-Anbaufläche schrumpfte innerhalb von zehn Jahren um ein Drittel. In der gleichen Zeit stieg der Durst auf Bier weltweit weiter an (Grafik). Die Folge:Weniger Fläche, weniger Ernte, hohe Nachfrage – und hoher Preis.
Weltweit schlechte Ernte
Durch die weltweit schlechte Ernte in den vergangenen beiden Jahren spricht Brauerbund- Geschäftsführer Ebbertz jetzt von einem „exorbitant durchknallenden Hopfenpreis“. „Jetzt herrscht Goldgräberstimmung bei den Hopfenbauern“, sagt er. In diesem Jahr wächst die Anbaufläche in Deutschland um 1000 Hektar. Der Haken an der Sache: „Erst 2009 kann auf den neuen Feldern geerntet werden.“ Derweil hätten sich viele Brauer bereits ihren Hopfen-Anteil per Vorvertrag gesichert. „Die Ernte von diesem Jahr ist zu 100 Prozent ausgebucht“, sagt Ebbertz.
Bei der Braugerste besteht ein ähnliches Problem: Weil sich der Anbau für Landwirte nicht mehr lohnte, sattelten sie um: Sie produzierten Raps oder Mais, weil der Markt mit Biokraftstoffen boomte. Das Resultat laut Brauerbund: Bekam ein Landwirt noch vor zwei Jahren 115 Euro pro Tonne Braugerste, macht er es heuer nicht unter 300 Euro.
„Dann wird’s knapp“
Von der Knappheit sind vor allem Brauereien betroffen, die es versäumt haben, sich per Vorvertrag die Ware zu sichern. Was, wenn es wieder eine schlechte Ernte gibt? „Dann wird’s knapp“, sagt Ebbertz. Werner Brunner vom Deutschen Hopfenpflanzerverband wird deutlicher: „Wenn die Ernte ganz schlecht ausfällt, kann es sein, dass die eine oder andere Brauerei ihre Bierproduktion reduzieren oder ganz einstellen muss.“
Die Auswirkungen der Krise können die Verbraucher schon spüren. Pünktlich zum Tag des Bieres haben die Brauereien den Preis pro Kasten erhöht: 50 Cent bis ein Euro beträgt das Plus. Weitere Preiserhöhungen sind nicht ausgeschlossen.
Volker ter Haseborg