Holt ein Lehrer die NPD ins Dorf?
Zwei Tage vor dem verbotenen Aufmarsch geht in Warmensteinach die Angst vor Neonazis um: Peter S. (59) will den "Landgasthof Puchtler" für 1,8 Millionen an Rechtsextremisten verkaufen.
NÜRNBERG Am Montag feiert Peter S. aus Warmensteinach seinen 60. Geburtstag. Im Vorfeld soll er sich – er arbeitet als Gymnasiallehrer für Wirtschaft und Recht in München – schon mal bei der Gemeindeverwaltung erkundigt haben, wie viele Parkplätze für die Feier denn verfügbar seien.
Oder plante S. eine ganz andere Party? Er jedenfalls ist der Mann, der keine Skrupel hätte, seinen „Landgasthof Puchtler“ an den Hamburger Neonazi-Anwalt und NPD-Funktionär Jürgen Rieger zu verkaufen. Und das ausgerechnet im Vorfeld der geplanten, aber verbotenen Gedenkveranstaltung für Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess am kommenden Samstag!
Die Neonazis wollen trotz Verbots kommen: "Besprecht das mit euren Führungskameraden!“
Obwohl die Stadt Bayreuth und das Landratsamt die Feier – ein Ersatz für den ebenfalls verbotenen Aufmarsch in Wunsiedel – untersagt haben, stellen sich die Behörden auf eine braune Flut ein: „Wir sehen die Gefahr, dass sich die Teilnehmer nicht an das Verbot halten“, sagt Polizei-Sprecher Stefan Walter. „In diesem Fall werden wir rigoros Platzverweise aussprechen. Wer sich nicht daran hält, wird in Gewahrsam genommen.“ Selbst wenn Rieger den Landgasthof erwerben sollte, werden die Rechten dort nicht feiern können. Walter: „Das Versammlungsverbot dürfen wir auch auf Privatgrund durchsetzen.“
Die Nazis aber pfeifen drauf und rüsten sich schon auf einschlägigen Internet-Seiten: „Trotz Verbot auf nach Wunsiedel oder in die nähere Umgebung!“, ruft ein Teilnehmer eines rechtsextremen Forums auf. Ein anderer empfiehlt: „Koordinieren und zentral sammeln. Besprecht das mit euren Führungskameraden!“
Die Menschen in Warmensteinach jedenfalls lassen sich von den ungebetenen Gästen nicht einschüchtern, rufen für Samstagnachmittag zur Gegendemo auf.
Will der Wirtschaft-und-Recht-Pauker nur den Preis nach oben treiben?
Bleibt die Furcht, dass Lehrer S. den Landgasthof an NPD-Mann Rieger verkauft. „Wer am meisten bietet, bekommt das Objekt“, verkündete Porschefahrer S. besorgten Dörflern. 1,8 Millionen Euro will er für den Landgasthof – da die Parteikasse aber notorisch leer ist, scheidet wohl die NPD als Käufer aus. Und Funktionär Rieger gilt als äußerst geizig. Versucht S. mit Hilfe des Schreckgespensts NPD einfach nur den Preis in die Höhe zu treiben?
Eine Frage, die er nicht beantworten will: „Keine Stellungnahme“, erwiderte S. gestern knapp auf AZ-Anfrage und legte auf. So konnte er die Frage nach eventuellen Verbindungen zu einem weiteren Gast aus München in Warmensteinach ebenfalls nicht beantworten: Ein 31-jähriger vorbestrafter und äußerst brutaler Neonazi aus der Landeshauptstadt soll dieser Tage die Lage in Oberfranken für Rieger sondieren.
StW