Hohn und Spott für Schickedanz!

Der BR startet sogar eine Sammelaktion für die fränkische Ex- Milliardärin. Doch die Quelle- Erbin fühlt sich missverstanden und gibt sich erschüttert über die Reaktionen.
von  Abendzeitung

Der BR startet sogar eine Sammelaktion für die fränkische Ex- Milliardärin. Doch die Quelle- Erbin fühlt sich missverstanden und gibt sich erschüttert über die Reaktionen.

HERSBRUCK Der Bayerische Rundfunk startete gleich eine Sammelaktion für Madeleine Schickedanz und schwenkte in ihrem Heimatort Hersbruck vor laufender Kamera die Spendenbüchse: Mit Hohn und Spott, bissigen Kommentaren, aber auch einem Hauch Verständnis hat die Republik auf die jüngst bekannt gewordenen Verarmungsängste der 65 Jahre alten fränkischen Millionärin reagiert (siehe auch Printausgabe vom 22.7., Seite 17).

Die Quelle-Erbin fühlt sich inzwischen missverstanden – und zeigt sich erschüttert über die öffentlichen Reaktionen auf ihr Interview mit der „Bild am Sonntag“. Sie lehnt jede weitere Äußerung dazu ab, wie es gestern hieß.

Dabei hatten es in den Äußerungen an Eindeutigkeit nicht fehlen lassen: „Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten“, berichtete sie von ihren persönlichen Einschränkungen seit der Quelle-Insolvenz. Begründet hatte sie ihren bescheideneren Lebensstil damit, dass sie mit dem möglichen Aus für Quelle ihr ganzes Vermögen verlieren würde: „Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen. Ich bekäme mit meinen 65 Jahren nicht mal eine Rente“, klagte sie. Und versuchte das Bild in der Öffentlichkeit von der superreichen Milliardärin zu korrigieren.

„Ich habe schon überlegt, ihr einen Antrag für Hartz-IV zu schicken"

Auch Fürths OB Thomas Jung (SPD) erklärte, Madeleine Schickedanz habe nach seinem Wissen kaum etwas zur Seite gelegt. „Sie ist zur Rettung ihres elterlichen Erbes voll ins Risiko gegangen und hat verloren“.

Mit einer Mischung aus Verärgerung und Sarkasmus reagierte gestern der mittelfränkische Bezirksvorsitzende des ver.di- Erwerbslosenausschusses, Werner Schäfer, auf die Zukunftsängste der Quelle-Erbin: „Ich habe schon überlegt, ob ich ihr einen Antrag auf Hartz-IV zuschicken und eine Beratung beim Ausfüllen des komplizierten Formulars anbieten soll. Bei bis zu 16 Seiten könnte Frau Schickedanz schon Probleme haben“. Schäfer muss sich bei dem Thema zur Sachlichkeit zwingen. Zu sehr fühle er sich von der „Profitsucht“ von Madeleine Schickedanz persönlich betroffen.

Als früherer Lagerist bei Karstadt-Quelle habe er 2003 seinen Job verloren. „Und das Ganze nur, weil Frau Schickedanz und die Karstadt-Quelle-Manager eine Rendite von 20 Prozent angestrebt haben“, schimpft er.

Für die Ängste der Millionärin hat Schäfer kein Verständnis: „Ob man von drei Milliarden oder nur noch von 27 Millionen Euro leben muss, ist doch egal.“

K. Tscharnke

Schockierende Fakten über die Rolle der Schickedanz-Dynastie in der NS-Zeit lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Mittwoch, 22. Juli.

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