Hochwasser in Bayern: Pegel steigen wieder
Das Schlimmste scheint in den Hochwassergebieten überstanden zu sein - der neue Regen könnte aber ein Problem werden. Unterdessen geht die politische Diskussion weiter: Dürfen Grundstückseigner für einen besseren Hochwasserschutz enteignet werden?
Deggendorf/Passau – Für die Einsatzkräfte und die Bewohner in den niederbayerischen Hochwassergebieten ist noch keine Entspannung in Sicht. Am Montag wurden die gebrochenen Dämme nahe Deggendorf provisorisch gesichert. Sandsäcke, die bislang die Autobahn 92 schützten, wurden an die beschädigten Dämme gebracht. Der neue Regen spülte wieder große Mengen Wasser in die Flüsse.
Man erwarte zwar keinen gravierenden Anstieg der Pegelstände von Donau und Isar mehr, sagte eine Sprecherin des Deggendorfer Landratsamtes. Dennoch wolle man gewappnet sein. Der Hochwassernachrichtendienst kündigte an, dass an der Donau bis Regensburg und an den Zuflüssen die Pegelstände wieder steigen könnten.
Am Messpunkt Eiserne Brücke in Regensburg werde am Dienstagvormittag die zweithöchste Meldestufe drei erwartet, teilte die Stadt mit. Einzelne Straßen in Ufernähe blieben deshalb gesperrt. Wegen der kritischen Lage wurde nun auch für den schwäbischen Landkreis Günzburg der Katastrophenfall erklärt. Der starke Regen an Sonntag und Montag habe im Süden des Landkreises zu Hochwasser unter anderem an den Flüssen Mindel, Kammel und Günz geführt. Auch viele kleine Bäche träten über die Ufer, teilte Landrat Hubert Hafner mit.
Am Freitag will Bundespräsident Joachim Gauck in die vom Hochwasser betroffene Region reisen. Dies kündigte er in einem Telefonat mit dem Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) an, wie eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes sagte. Gauck mahnte, die Gebiete mit den Hochwasserschäden nicht alleine zu lassen.
Unterdessen ging die politische Diskussion um den Hochwasserschutz weiter: Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) schloss Enteignungen von Bauern zum Hochwasserschutz nicht aus. Dies sei aber nur „in letzter Konsequenz in Erwägung zu ziehen“, sagte sie im oberbayerischen Böbing bei Weilheim. Besser seien einvernehmliche Lösungen mit den betroffenen Landwirten. Aigner unterstützte damit einen Vorschlag von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), etwa für den Bau von Rückhaltebecken an Flüssen Bauern notfalls zu enteignen. Dies war beim Bayerischen Bauernverband auf Kritik gestoßen.
Der Katastrophenfall im Landkreis Deggendorf soll noch die komplette Woche über bestehenbleiben. Vor allem in Fischerdorf stehe immer noch in den meisten Häusern das Wasser – teils bis zu einem Meter hoch, sagte die Sprecherin. „Die Hilfskräfte sind noch immer im Dauereinsatz.“
Andernorts, wo das Wasser bereits abgeflossen ist, begannen die Aufräumarbeiten. Teams der Stadt- und Landkreisverwaltung waren unterwegs, um die Schäden zu registrieren. Landrat Christian Bernreiter (CSU) ging am Wochenende von mindestens 500 Millionen Euro Schaden aus. In den Straßen türmte sich am Montag der Sperrmüll. Die überflutete Autobahn 3 Nürnberg-Passau wird noch mindestens bis zum Wochenende komplett gesperrt bleiben. „Die Autobahn steht noch immer unter Wasser“, sagte ein Sprecher der Polizei. Wenn das Wasser abgelaufen ist, muss zunächst untersucht werden, welche Schäden die Flut angerichtet hat.
Dagegen sind die Hochwasserschäden auf der Bahnstrecke zwischen München und Salzburg inzwischen beseitigt, wie die Bahn mitteilte. Nahe Übersee (Landkreis Traunstein) war eine Brücke durch das Hochwasser stark in Mitleidenschaft gezogen worden. In Passau kehrte nach der Jahrhundertflut wieder ein Stück Normalität ein: Die Bürger müssen ihr Trinkwasser nicht mehr abkochen. Untersuchungen hätten keine Verunreinigung gezeigt, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. Dafür müssen nun die Rosenheimer das Wasser abkochen. Erstmals wurden im dortigen Trinkwassernetz Keime festgestellt. Wie die Stadtwerke mitteilten, werde das Wasser ab sofort mit Chlor versetzt.
Das Hochwasser und der Starkregen haben bei den bayerischen Landwirten Schätzungen zufolge einen Schaden von 115 Millionen Euro angerichtet. Die Bauern haben nach Worten von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) nicht nur mit zu erwartenden Ernteausfällen zu kämpfen, sondern auch mit beschädigten Betriebsgebäuden und Maschinen.
Im Landkreis Straubing-Bogen und in der Stadt Straubing stehen die Zeichen inzwischen auf Entspannung: Trotz eines historischen Pegelhöchststandes von 7,95 Meter am 5. Juni seien Landkreis und Stadt ohne größere Schäden davongekommen, teilten Landrat Alfred Reisinger und Oberbürgermeister Markus Pannermayr (beide CSU) mit. Hilfreich seien die Ausbaumaßnahmen am Deichsystem gewesen, die der Freistaat in den vergangenen Jahren mitfinanziert habe. Die Politiker lobten aber auch die Helfer, die rund um die Uhr gegen die Fluten der Donau gekämpft hätten.
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