Hochamt der Niedertracht
Nürnberg - Bei der bissigen Humor-Attacke der Biermösl Blosn platzte der Sebalder Platz aus allen Nähten
Es war dann doch nicht die Lerche, sondern Nachtigallen, die gewaltig trapsten: Als das finnische Singvögelchen Pauliina Lerche (s. S. 2) die Bühne geräumt hatte, setzte davor die erwartete Massenkarambolage ein. Die Biermösl Blosn, vor 32 Jahren als Straßenmusikanten erstmals beim Bardentreffen und auch diesmal ganz begeistert von den „Thüringer Bratwürsten“, brachte den Sebalder Platz förmlich zum Platzen mit ihrem bestens eintrainierten Hochamt der humoristischen Niedertracht.
Eine Kollektion der Bavarian Brauchtümelein als Erbauungs-Kollekte: Der ausfahrbare Klingelbeutel wandert über die Köpfe der euphorisierten Gemeinde („Bitte nur Scheine! Der Schein heiligt die Mittel!“), der Opferstock wird am „Tucherstand“ vorgegaukelt und das ratzingernde „Halleluja“ darf tausendfach – auch mit „evangelischen“ Fremdtönern – erschallen. Es ist „Raver-Mess“ („die Bässe wummern sehr, zu dir, mein Herr“), die Laugh-Parade folgt bei den Erzbengeln Hans, Stofferl und Michael Well stets auf dem Vers-Fuße.
Speckig kommt die höhnende Attacke mit Kung-Fu-Schuhplattelei, Alphorn-Soundtrack (diesmal für Bär Bruno, der „nur kurz zu Gast bei Freunden“ sein durfte) und Mozart-Trompeterei in Lederhosen weiter nicht daher. Zwischen Bauernkalender („An Mariä Empfängnis in Gottes Namen, kommt der Tierarzt zum Besamen“) und der Königsmörder-Story über Edmund, den Abgehobenen (wo auch „Gaby, die Franken-Hex’“ und „Erwin, der Hinterfotzige“ ihren Platz finden), geht es um „H wie Geschichte“, um Heuchelei im Landhausstil, die „Differentialsperre im Hirn“, Bayerns ewigen Kreisverkehr der Veränderung. Da sieht die Biermösl weiter schwarz: „Selig sind die Gläubigen. Sie werden nach der Wahl dran glauben müssen.“ Andreas Radlmaier
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