Hier wohnen Bayerns schlechteste Autofahrer!
Die AZ hat relevante Daten ausgewertet und eine Rangliste aller Landkreise erstellt. Hier das Ergebnis
Amberg ist eine sichere Stadt. Die Zahl der Straftaten ist klein: Überfälle, Gewalt, Drogen – alles auf dem niedrigsten Stand seit 2002. Die Polizei der oberpfälzischen Stadt registrierte in ihrer letzten Verbrechensbilanz nur einen leichten Anstieg von Einbrüchen. Radl wurden auch mehr geklaut. Sonst aber ist Amberg vollkommen ungefährlich. Bis auf den Verkehr.
Amberg hat die schlechtesten Autofahrer Bayerns – statistisch gesehen. Eine Auswertung der AZ ergibt: Auf fast jedes vierte hier gemeldete Auto kommt ein Eintrag im Verkehrszentralregister – Platz eins in Bayern.
Wer sich jetzt zufrieden zurücklehnt und zu ersten spöttischen Kommentaren anheben möchte, sollte wieder runterfahren: München ist nämlich auch nicht besonders gut. Mit Augsburg belegen Stadt und Landkreis München in der AZ-Tabelle der schlechtesten Autofahrer des Freistaats Rang 6.
Auch in den umliegenden Landkreisen fahren statistisch gesehen viele schlechte Autofahrer: Der Landkreis Starnberg ist Tabellenfünfter. Der Kreis Freising liegt auf Rang 11, Erding auf Rang 12, Dachau mit Ebersberg und Fürstenfeldbruck auf Rang 15.
Die Tabelle (siehe unten) basiert auf Daten des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) – der Behörde in Flensburg, in der auch die berühmten Punkte notiert werden. Es sind die jeweils aktuellsten Zahlen über die momentanen Einträge im Verkehrszentralregister, Fahrverbote und Führerscheinentzüge im Jahr 2012 – nach bayerischen Landkreisen geordnet.
Diese Zahlen haben wir mit der Zahl der gemeldeten Autos und Krafträder in den Landkreisen verglichen. In München gibt es ja mehr Fahrverbote als etwa in Miltenberg, weil hier mehr Menschen Auto fahren.
Am Ende kam eine Schlechtfahrer-Quote für jeden Landkreis heraus (Genaueres zu unseren Berechnungen: siehe Kasten). Amberg liegt mit einem Wert von 0,253 vorn – vor Nürnberg (0,246) und Kaufbeuren (0,222). Die besten Autofahrer sind in Schwabach in Mittelfranken.
Dass die Menschen in Bayerns kleinster kreisfreier Stadt besser lenken und mehr auf die Verkehrsregeln achten als andere, glaubt Josef Maurus nicht. Der ADAC-Verkehrsexperte meint: „Wir sind alle gleich.“ Ob Schwabe, Niederbayer oder Franke – wir machen alle Fehler, sagt Paulus. Die Frage sei nur, ob es jemand merke. „Die Zahl der Vergehen hängt von der Überwachungshäufigkeit ab“, sagt er deshalb. Die sei in Ballungsräumen und regionalen Zentren höher.
Ein Blick auf die Karte zeigt: Gebiete mit angeblich schlechten Autofahrern liegen tatsächlich rund um Städte wie München, Nürnberg, Augsburg oder Würzburg. „Hier ist die Gefahr, durch ein Vergehen einen Unfall zu bauen, größer als auf dem Land“, sagt Paulus – deshalb gebe es mehr Blitzer und mehr Polizei.
Und Amberg? Die Stadt hat ja nur 45000 Einwohner. „Wahrscheinlich gibt es dort verstärkte Überwachung“, vermutet Paulus. Davon geht auch Ambergs Verkehrsreferent aus (siehe Interview rechts). Dem widerspricht der Leiter der dortigen Verkehrspolizeiinspektion. Man kontrolliere so viel wie anderswo auch, sagt Friedrich Böhm. Sonderaktionen habe es nicht gegeben. „Mehr Personal haben wir auch nicht.“
Ist Amberg also eine statistische Anomalie? Oder ist der erste Platz Zufall? Haben wir vielleicht falsch gerechnet? Anruf bei der Stadt. Eine Angestellte ist überrascht, als sie das Ergebnis hört. Dann sagt sie: „Das würde ja erklären, warum die Autoversicherungen uns vergangenes Jahr so stark hochgestuft haben.“ Tatsächlich: Autofahrer mit Amberger Kennzeichen (AM) zahlen für ihre Kfz-Haftpflicht derzeit mit am meisten in Deutschland. Amberg liegt in der höchsten Regionalklasse 12. Das heißt: Ihre Autofahrer haben im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viele Unfälle und/oder sorgen für eine besonders hohe Schadenshöhe.
In der Klasse 12 liegen auch Nürnberg und Kaufbeuren – Sie erinnern sich: Platz 2 und 3 im AZ-Vergleich. Kaufbeuren gehört sogar seit Jahren zu den teuersten Bezirken des Landes. München und Augsburg sind auch dabei.
AZ-Interview: „Wir werden öfter erwischt als andere“
Amberger können nicht Auto fahren? Das will der Verkehrsreferent der Stadt, Bernhard Mitko, nicht gelten lassen. Wie er seine Mitbürger verteidigt:
AZ: Grüß Gott, Herr Mitko. Was ist los auf Ambergs Straßen?
BERNHARD MITKO: Das kann ich nicht sagen. In der Unfallstatistik sind wir jedenfalls nicht ganz vorn. Möglicherweise liegt es einfach daran, dass bei uns die Straßen besser kontrolliert werden. Das haben wir wohl dem Fleiß unserer Polizisten zu verdanken.
Die Polizei ist also schuld?
Amberg liegt aber bei der Kfz-Haftpflicht in der höchsten Klasse. Schuld sind natürlich die, die zu schnell fahren. Die gute Arbeit der Polizei könnte aber Ursache für unseren Spitzenplatz in Ihrer Statistik sein. Die Einstufung in der Haftpflicht richtet sich nach Kennzeichen. Da stellt sich die Frage, ob die Unfälle überhaupt bei uns in der Stadt passieren.
Also rummst es außerhalb Ihrer Stadt so oft?
Wir stellen jedenfalls nicht überproportional viele Verstöße fest.
Wenn ich als Tourist nach Amberg komme – fahre ich da besser mit der Bahn?
Der Umwelt zuliebe auf jeden Fall! Da kommen Sie auch gut hin. Und in der Stadt können Sie ja Rad fahren. Das macht unser Oberbürgermeister sehr oft.
Fahren Sie selbst viel Auto?
Meine Dienstfahrten erledige ich mit der Bahn.
Weil's sonst zu gefährlich wäre?
Nein. Aus ökologischen Gründen.
Haben Sie selbst ein paar Punkte in Flensburg?
Derzeit keinen. Nur einen Punkt hatte ich mal.
Was haben Sie angestellt?
Auf der Autobahn war die Geschwindigkeit an einer Baustelle auf 50 begrenzt. Ich bin mit 70 reingefahren. Aber das ist sehr lange her – 2002.
Praktisch verjährt. Sie sind also der lebende Beweis, dass Amberger doch gut fahren können.
(lacht). Das können sie auch! Wir werden wohl nur ein bisschen öfter erwischt als andere.