Hier testet die CSU Killerspiele...
...dabei wollen sie die verbieten! Aufklärungsarbeit im „Südpunkt“: Stadträte informieren sich über virtuelle Welten.
NÜRNBERG „Daddeln heißt das“, lässt sich CSU-Fraktionschef Michael Frieser von Bildungszentrums-Direktor Wolfgang Eckart belehren. Und freut sich, dass man sich im BZ-Außenposten Südpunkt jetzt „an eine bestimmte Bevölkerungsschicht herantastet“. Die Schicht von Jugendlichen, „die sich nicht für Bildung interessieren“, erläutert Eckart sachverständig.
Jugendliche würden den Geldspielautomaten-Begriff „Daddeln“ kaum in den Mund nehmen, wenn’s um „Zocken“ oder „Gaming“ geht. Videospiele sind nach vier Jahrzehnten zu einem anerkannten Kulturträger avanciert. Die Umsätze der Spiele-Industrie haben die der Film- und Musik-Branche längst übertroffen. Tatsachen, die anscheinend weder bei Frieser noch bei Eckart angekommen sind.
Genau deshalb sind Frieser und seine Kollegen aus der CSU-Stadtratsfraktion in den Südpunkt gekommen. Um sich über eine Welt zu informieren, die ihnen fremd ist: die virtuelle Welt. Ist der Konsum von „Killer-Spielen“ nicht mitverantwortlich für so manchen Amok-Lauf? Werden „daddelnde“ Kinder nicht oft zu aggressiven PC-Zombies?
Ein Experte zeigte den CSU-Politikern, wovon sie eigentlich reden
Der Aufklärungsbedarf ist groß: Alexander Funke ist da, von der Game-Lounge „Wunderlampe“ am Egidienplatz. Er soll den CSU-Politikern zeigen, wovon sie eigentlich reden, wenn sie „Killerspiele“ kritisieren und verbieten wollen.
„In 30 Jahren wurden nur 30 Spiele beschlagnahmt?“, wundert sich Stadtrat Andreas Krieglstein. Kann doch nicht sein – angesichts der „Folter-Spiele“, die sich die jugendlichen Killer von Erfurt oder Winnenden reingezogen haben. Auch dass Experte Funke dem harmlosen wie verstaubten Puzzle „Tetris“ das größte Suchtpotenzial zuordnet, glaubt Krieglstein eher nicht. „Schließlich ist uns der Fall eines Nürnberger Jungen bekannt, der Nacht für Nacht Online-Rollenspiele spielte – und der jetzt in der Psychiatrie sitzt.“ Ob er denn nicht selbst als Kind nachts heimlich gelesen habe, will BZ-Mitarbeiterin Eva-Maria Singer von Krieglstein wissen. „Nein, nicht wenn ich in die Schule musste“, entgegnet der.
Womit sich die Jugend von heute die Nächte um die Ohren schlägt, wurde nach Funkes Infos zu Altersbeschränkungen, Sucht-Potenzial und virtueller Gewalt in der Praxis getestet. Wobei Frieser Wolfgang Eckart beim Boxen an der Nintendo-Wii ziemlich vermöbelte und sich mit Stadtrat Michael Reindl beim Killer-Spiel „Call of Duty“ als talentierter Scharfschütze erwies.
Offenbar hat das so viel Spaß gemacht, dass nach dem „Daddeln“ von „Verbieten“ nicht mehr die Rede war. „Wir sollten medienpädagogische Ansätze weiterverfolgen“, meinte am Schluss auch Stadtrat Krieglstein.
Nicht zuletzt der Wählerstimmen hunderttausender Videospiel-Fans wegen...
Steffen Windschall
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