Hier testen unsere Politiker, wie hart die Schule früher war

Prügel und PISA: Schulmuseum als Dauerausstellung im Zentrum Industriekultur. Kulturreferentin Julia Lehner, Wissenschaftsminister Goppel und OB Ulrich Maly ließen es sich nicht nehmen, im Klassenzimmer Platz zu nehmen.
NÜRNBERG Nein, mit dem Turbo-Gymnasium G8 und PISA-Studien hatte das wohl nichts zu tun! Die Schule von einst war einfach nur hart. Wie hart – davon überzeugten sich gestern bei der Wieder-Eröffnung des Schulmuseums gleich drei Spitzenpolitiker – Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU), OB Ulrich Maly (SPD) und Kulturreferentin Julia Lehner (CSU).
Das Schulmuseum hat seine feste Heimat erneut im Museum Industriekultur in der Äußeren Sulzbacher Straße 62. Das Motto: „Bildung für alle – 500 Jahre Schulgeschichte“. Die neue Dauerausstellung richtet sich mit wechselnden Veranstaltungen und jeder Menge Sonderschauen (die erste ab Juli) besonders an die „Betroffenen“ – Nürnbergs Schülerinnen und Schüler.
Goppels frecher Spruch
Der jugendliche Elan der Ausstellung mit ihren Schubladen, Knöpfchen und bunten Schautafeln wirkt ansteckend: Wissenschaftsminister Goppel ließ sich gestern beim Fototermin im historischen Klassenzimmer gar zu einer frechen Tafel-Kritzelei hinreißen: „Unser Lehrer ist geil!“ Für seinen Kreide-Spruch erntete er aber weder Verweis noch Kopfnuss, sondern sogar noch Lob für die fein säuberliche Handschrift.
In der Blütezeit der industriellen Revolution herrschte dagegen an Nürnbergs Schulen noch Zucht und Ordnung: „Vorsagen, nachsagen“, umschreibt Peter Letzel – im „echten“ Leben Direktor an der Bartholomäusschule – seinen Zweitjob als Zeitreisender: Mit Kollegin Christiane Raum unterrichtet er einmal pro Woche Schüler von heute im Klassenzimmer von gestern. „Inklusive Rohrstock“, schmunzelt Letzel, der aber höchstens testweise geschwungen wird – ohne sein erzieherisches Ziel zu erreichen.
Heute geht’s freilich entspannter zu: So blieb Goppel in seiner Eröffnungs-Rede nichts anderes übrig, als den G8-Seitenhieb der Theatergruppe des Hans-Sachs-Gymnasiums geflissentlich zu übergehen, die den Wissenschaftsminister als polyglott-gebügelten Musterstreber in drei Sprachen ans Rednerpult baten.
Aller Polemik um die „Wirtschaftstauglichkeit“ moderner Schüler zum Trotz, zeigt die Ausstellung aber auch, dass die Verbindung von Penne und Produktionsstätte durchaus Vorteile bringen kann: So wurde der mittellose Matthäus Schwarz im frühen 16. Jahrhundert dank Fugger-Förderung zum obersten Rechenmeister der Kaufmanns-Dynastie. Und Elektrotechnik-Pionier Johann Sigmund Schuckert wäre wohl 300 Jahre später ohne die Unterstützung des Industriellen Friedrich Heller nie zum Namensgeber eines Nürnberger Gymnasiums geworden.
S. Windschall