Hier führt OB Maly durchs Rathaus

„Stadt(ver)führungen“ starteten: Nürnberg feiert Deutschlands größten Kunstmarathon.
NÜRNBERG „Sieht doch ganz ordentlich aus“, raunt eine ältliche Besucherin zur anderen, beim Übertreten der Schwelle in Nürnbergs „Oval Office“.
Zwar ist es eher pragmatisch eckig, im Stil der 50er-Jahre. Doch zieht Nürnbergs OB Ulrich Maly (SPD) für seine Amtsstube den Obama-Vergleich – obwohl der wohl kaum eine Schar Kunstinteressierter durchs Weiße Haus führen würde, um ihnen die dort gelagerten Kunstschätze zu zeigen.
Anders in Nürnberg: Dort startete am Freitag die neue Reihe der „Stadt(ver)führungen“, „der größte Kunstmarathon der Republik“, wie Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) stolz anmerkte. Gemeinsam mit Maly lotste sie die Wissbegierigen durchs Rathaus und erzählte allerhand über Wertvolles aus dem Spätmittelalter bis heute. Ob Pankraz Labenwolfs Puttenbrunnen im Ratshausinnenhof, die epische Barock-Decke im kleinen Sitzungssaal oder Thomas Kilppes schräge Nürnberg-Ansicht: Wer dachte, im Rathaus regiere nur nüchterne Bürokratie, wurde eines Besseren belehrt.
Der Oberbürgermeister persönlich erwies sich als echter Experte, was Gegenwartskunst angeht: Von Clemens Heinl, der zur WM 2006 die Holz-Kicker entworfen hatte, besitzt Maly selbst einen Schnitz-Kaktus und outete sich als Fan vom einst geschassten Rathausmaler Michael Mathias Prechtl. Dass Nürnberg „am Arsch der Welt liegt“, ist dem OB allerdings stets bewusst, ziert sein Büro doch die gleichnamige Grafik von Toni Burghart, der im Dezember 2008 starb.StW