Hier führen Sie Nürnbergs Wett-Paten vor Gericht
Marijo C. (34) spielte im Räderwerk der weltweit agierenden Wett-Mafia offenbar eine zentrale Rolle. Täglich kommen immer mehr schmutzige Details ans Licht
NÜRNBERGIn Handschellen wurde der groß gewachsene, bullige Mann in den Gerichtssaal 228 geführt – Marijo C. (34), der als Wett-Pate von Nürnberg das Fußballgeschäft manipuliert haben soll.
Doch in dem unter strengen Sicherheitsbedingungen stattfindenden Prozess am Nürnberger Landgericht ging es am Freitag nicht um seine Machenschaften, sondern um seine Schlüsselrolle in einem Betrugs- und Vergewaltigungsprozess aus der Zockerszene.
Als Kronzeuge des Verfahrens wurde der in Nürnberg geborene Kroate extra aus seiner U-Haft in Bochum hergebracht – begleitet von einem Tross SEK-Beamten. Der recht selbstbewusst auftretende Mann gab „Kassier in einem Wettbüro“ als Beruf an: „Aber ich sitze nicht ständig an der Kasse,“ sagte er mit rauer Stimme.
Es muss ein guter Verdienst gewesen sein als „Kassier“: Der angeklagte Autohändler Ali D. (35) hatte bei ihm 30.000 Euro Wettschulden, habe mit hohen Einsätzen gezockt. Weitere 12.000 Euro wollte Marijo C. dem Autohändler vorstrecken, damit dieser nicht ins Gefängnis käme. Das sei „eine Quote“, so der Kroate, die er riskiert hätte. Denn nur wenn Ali frei bliebe, bekäme er sein Geld zurück.
Doch der angebliche „Kassier“ drehte ein ganz anderes Rad in der Zocker-Szene:
Die Hintermänner sitzen in China
Wett-Pate Marijo C., der in Nürnberg mehrere Büros kontrolliert haben soll, war in ein weltweit aktives Netzwerk professioneller Betrüger eingebunden. Wegen seiner engen Kontakte zu Spielern aus Kroatien, Serbien, Bosnien und anderen südosteuropäischen Ländern spielte er eine besonders wichtige Rolle. Das geht aus den Akten der Staatsanwaltschaft Bochum hervor, die die Ermittlungen zentral führt.
Gegen Marijo C. ermittelten die örtlichen Behörden schon einmal wegen des Verdachts illegaler Glücksspiele. Das Verfahren wurde im Januar letzten Jahres aber eingestellt.
Der gebürtige Kroate soll nach den Erkenntnissen der Bochumer Staatsanwaltschaft zum Beispiel dem bosnischen Verein NK Travnik zwei Gastspieler vermittelt haben, die bei zwei Freundschaftsspielen im Juni dieses Jahres in der Schweiz für „passende“ Ergebnisse gesorgt haben sollen. Marijo C. und mehrere andere Tatverdächtige sollen durch Wetten mehr als 150.000 Euro eingestrichen haben.
Der Nürnberger Wett-Pate unterhielt den bisherigen Erkenntnissen zufolge enge Kontakte zu Deniz C., der im Rheinland beheimatet ist und internationale Verbindungen bis hin zu chinesischen Hintermännern genutzt haben soll. Deniz C. steckt nach Überzeugung der Ermittler auch hinter der Entführung des Nürnberger Wettanbieters G.. Der wurde im Sommer 2008 tagelang in einem Keller gefangen gehalten und kam erst nach Zahlung von 50.000 Euro frei. Deniz C. bestreitet jegliche Beteiligung.
Burkhard Benecken, der Anwalt von Deniz C., erklärte nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten, dass die Wett-Mafia sogar versucht habe, auf Mannschaftsärzte und Köche von Luxus-Hotels einzuwirken, um Spieler zu vergiften.
Insgesamt wurden im Zusammenhang mit dem gewaltigen Wettskandal, bei dem über 200 Fußballspiele manipuliert worden sein sollen, 15 Verdächtige festgenommen. Dazu zählt allem Anschein nach auch Dragan B. (28) aus Bosnien-Herzegowina, der als Jugendlicher beim Club spielte und als hoffnungsvolles Talent galt. Ganz nach oben kam er jedoch nie. Er spielte zuletzt in Belgien, davor unter anderem auch beim ASV Neumarkt.
Die Hintermänner des weltweit organisierten Betrugs sitzen in China. Ex-Nationalspieler Jörg Albertz, der auch schon bei Greuther Fürth die Stiefel schnürte, spielte zwei Jahre lang in China – und weiß inzwischen durch entsprechende Urteile, dass Spiele manipuliert worden sind. Albertz: „Es gab schon viele Dinge, die mir spanisch vorgekommen sind. Wir haben Tore kassiert, die eigentlich gar nicht möglich waren.“
Ein Insider berichtet, dass im österreichischen Graz die Drähte der illegalen Buchmacher aus Asien zusammengelaufen sein sollen. Auch Marijo C. soll dorthin Kontakte haben.
C. Schamel/H. Reister
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