Hier findet Nürnbergs schrägster Prozess statt

Amtsrichter Volkmar Kanz verlegte das Verfahren gegen einen Jäger in ein Zelt im Steinbrüchlein.
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Der Tatort: Auf diesem buckligen Weg kamen sich ein Oberpfälzer Kradfahrer (60) und ein Jäger (43) in die Quere.
Klaus Schillinger 2 Der Tatort: Auf diesem buckligen Weg kamen sich ein Oberpfälzer Kradfahrer (60) und ein Jäger (43) in die Quere.
Amtsrichter Volkmar Kanz will den verzwickten Fall bis zum Urteil vor Ort klären.
bayernpress.com 2 Amtsrichter Volkmar Kanz will den verzwickten Fall bis zum Urteil vor Ort klären.

Amtsrichter Volkmar Kanz verlegte das Verfahren gegen einen Jäger in ein Zelt im Steinbrüchlein.

NÜRNBERG Das gab’s noch nie! Das Nürnberger Amtsgericht verhandelt im Grünen, um einen verzwickten Fall aufzuklären. Nach Begutachtung des Tatorts soll der Prozess dann auf einer Lichtung des Steinbruchs im Reichswald stattfinden – und zwar in einem Zelt!

Auslöser für das kuriose Verfahren ist der Streit zwischen einem Jäger und einem Sport-Biker aus Neumarkt. Der Trial-Fahrer (60) düste mit zwei Freunden an einem Oktobersamstag 2008 verbotenerweise die buckligen Wege des Steinbrüchleins im Süden Nürnbergs entlang.

Da stellte sich ihnen ein Jagdpächter (43) mit seinem Jeep in den Weg. „Der hat versucht, mich mit seinem Motorrad zu überfahren und mich einige Meter mitgeschleift“, behauptete der Jäger bei der Polizei. Wegen versuchten Totschlags kam der Biker – ein braver Familienvater – in U-Haft, während die Kripo penibel ermittelte. Schließlich ging es um ein Kapitalverbrechen. Alle Schleif- und Bremsspuren auf dem Waldweg wurden vermessen. Das Resultat: Sie stimmten nicht mit den Angaben des Jägers überein. Es schien eher, als ob dieser den Biker gejagt, vom Krad gerissen und verprügelt hatte.

Das THW baut ein Zelt auf: "Gemütlich wird's nicht"

Die Folge: Der Oberpfälzer kam nach einem Tag in U-Haft frei, dafür hat jetzt der Jäger eine Anklage wegen Nötigung, Körperverletzung und falscher Verdächtigung am Hals.

Amtsrichter Volkmar Kanz ordnete zur Klärung den Augenschein an – und will im Steinbrüchlein auch gleich das Urteil sprechen. Die Organisation übernimmt das Technische Hilfswerk (THW), es baut ein Zelt auf samt Bänken und Tischen. „Gemütlich wird’s nicht“, so der Richter.

Hauptsache, die rund 20 Prozessbeteiligten (Richter, Ankläger, Gutachter, Anwälte und Zeugen) finden Platz – auch die Protokollführerin, die jedes Wort festhalten muss, ob im Stenoblock oder am Laptop. Für den wird notfalls ein Generator im Wald installiert.

Der Prozess sollte im Juni stattfinden. Er muss nun verschoben werden, weil der Verteidiger (43) des Jägers überraschend starb. Er erlitt einen Herzinfarkt beim Radeln. Der Termin soll jetzt im Herbst stattfinden. cis

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