Hier erzählt ein Nazi-Opfer Schülern seinen KZ-Horror
Ortstermin Ludwig-Uhland- Schule: Josef Salomonovic (70) berichtet von schlimmen Zeiten, die den Achtklässlern nur aus Geschichtsbüchern bekannt sind.
NÜRNBERG Sie kennen die schlimme Zeit, die Josef Salomonovic durchgemacht hat, nur aus Geschichtsbüchern oder allenfalls aus Erzählungen ihrer Großeltern. Der heute 70-Jährige aber durchlitt den Horror der Judenverfolgung als Kind. Er überlebte – und ist derzeit auf Tour durch bayerische Schulen. Gestern war er zu Gast in der Ludwig-Uhland-Schule in der Nürnberger Nordstadt.
Aufmerksam lauschten die 25 Schüler der Klasse 8M den Erzählungen Salomonovics, der 1938 in Ostrava (Mährisch-Ostrau) im Osten der damaligen Tschechoslowakei geboren wurde und heute in Wien lebt. 1941, mit drei Jahren, wurde er mit seinen Eltern und seinem großen Bruder ins Ghetto Litzmannstadt (heute Lodz/Polen) deportiert. Über das Konzentrationslager Auschwitz kam die Familie schließlich ins KZ Stutthof, wo der Vater ermordet wurde.
Sein Wunsch: Die Schüler sollen nicht rechtsextrem werden
Josef, seine Mutter Dora und Bruder Michael wurden anschließend zur Zwangsarbeit ins Flossenbürger Außenlager Dresden überstellt. Anfang 1945 wurde das Außenlager aufgelöst. Auf einem Todesmarsch in Böhmen gelang der Mutter mit ihren Söhnen die Flucht. Unterwegs sah Josef erstmals Ziegen, Hühner und eine Kuh. „Nicht mal Ratten habe ich gekannt“, erklärt Salomonovic. „Denn die gehen nur dorthin, wo es etwas zu essen gibt. Ich kannte nur Pferde, Wanzen, Läuse. Und die Wachhunde der SS-Männer.“
Sichtlich berührt hören die 14- bis 15-Jährigen zu. Sie erfahren, dass es damals kein Spielzeug gab. „Nur Steine.“ „Was ist mit ihren Verwandten passiert?“, will Pascal wissen. „Einige sind in Auschwitz umgekommen, andere konnten nach England und Russland fliehen und leben inzwischen wieder in Deutschland“, erzählt Salomonovic.
„Wie wurden Sie nach der Befreiung psychisch damit fertig?“, fragt Tutku. „Damals herrschten andere Sitten. Disziplin war gefragt, und wir mussten weiterleben.“ Gerne, so der KZ-Überlebende, rede er nicht über diese Zeit. Über die Bomben-Angriffe, die Schikanen und die Toten, die einfach auf der Straße lagen. „Ich träume aber nur selten davon“, sagt er. „Jetzt habt Ihr so viele Fragen gestellt, jetzt habe ich einen Wunsch.“ Die Schüler, wünscht er sich, sollten sich nie einer rechtsextremen Gruppierung anschließen. „Darum nämlich halte ich diese Vorträge.“
Ein halbes Jahr behandelte Klassenleiter Jürgen Niedermeier die Themen Weimarer Republik und Nationalsozialismus. Die Schüler (aus etwa sechs Nationen) waren also gut vorbereitet. kes
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