Hier erklärt Markus Söder sein neues Minister-Büro
Der 42-jährige Nürnberger leitet die mit Abstand größte Behörde in Bayern – mit 6900 Mitarbeitern. Die AZ hat ihn in München besucht.
NÜRNBERG/MÜNCHEN Die Schonfrist ist um! Seit genau vier Monaten ist Markus Söder (42) Bayerns Umwelt- und Gesundheitsminister. Der Nürnberger ist nach dem Abgang von Günther Beckstein der wohl mächtigste Franke in Bayerns Regierung. Denn er leitet die größte Behörde im Freistaat mit insgesamt 6900 Mitarbeitern. Allein 750 davon arbeiten im schmucklosen 70er-Jahre-Bau im Münchner Arabellapark. Die AZ hat Söders neues Büro im sechsten Stock genau unter die Lupe genommen.
Der Schreibtisch: Von hier aus kann Söder bei schönem Wetter die Alpen sehen. Auf dem Tisch liegen dicke Mappen in unterschiedlichen Farben. Jede Farbe bedeutet etwas anderes: In den roten Ordnern legt Sekretärin Gaby Römer die Termine ab. Es kommen drei Mal so viele Anfragen als der Politiker („Es ist ein unglaubliches Pensum“) bewältigen kann. Mit einem grünen Stift (die Farbe der Minister; Staatssekretäre schreiben in Rot) markiert Söder, ob er zu- oder absagt.
Vom Schreibtisch aus kann Söder sogar die Alpen sehen
Die blaue Mappe enthält Zeitungs-Ausschnitte aus ganz Deutschland über alle relevanten Themen, die Pressesprecherin Ulrike Strauß vorsortiert. „Die wichtigsten Zeitungen lese ich aber schon am frühen Morgen, wenn ich gegen 7.30 Uhr in mein Büro komme“, so Söder. Die Nürnberger AZ ist natürlich auch darunter.
Die schwarzen Mappen sind die wichtigsten. Sie sind vollgestopft mit Vermerken und Vorgängen, die aus den Fachabteilungen angeliefert werden. „Das sind meine Hausaufgaben“, sagt Söder. Darin stehen etwa die Argumente für die Ablehnung Bayerns von Bundesumweltminister Sigmar Gabriels Gesetzesvorlage – oder Fakten zur Gesundheitsreform. „Ich musste mich in diese komplexe Thematik erst einarbeiten. Ich habe richtig gepaukt“, gesteht Söder. „Aber meine Experten kennen sich in jedem Detail aus.“
Dabei ist das Mammut-Ministerium nicht einfach zu führen: Söder ist nach Werner Schnappauf und Ottmar Bernhard bereits der dritte Chef innerhalb von 15 Monaten. Und die Vorbehalte gegen den früheren CSU-General waren am Anfang seiner Amtszeit durchaus spürbar. „Aber zu Weihnachten hab’ ich erstmal Nürnberger Lebkuchen an jeden Mitarbeiter im Haus verteilt“, sagt Söder. So sei das Eis zwischen ihm und den Beamten geschmolzen.
Außer einem alten Zimmerbrunnen, der noch von Schnappauf stammt, hat Markus Söder sein 50-Quadratmeter-Büro nach seinen Wünschen ausgestattet. Besonders am Herzen liegt ihm die „Wall of Fame“ – eine Wand voller Erinnerungen.
„An der Spitze der Beliebtheitsskala? Etwas viel verlangt!“
Hier hängen Fotos von seiner Frau und den vier Kindern (1), steht die Büste von CSU-Ikone Franz Josef Strauß (2), die er einst von der Landesleitung zum Einzug ins Generalsekretärs-Büro geschenkt bekam. Dazu ein Berliner Bär, ein Foto mit dem Papst (3) sowie ein persönlicher Dankesbrief desselben, als der noch Josef Kardinal Ratzinger war (4): Söder hatte sich damals für ein verpflichtendes Schulgebet ausgesprochen. Ein FCN-Wimpel (5) hängt ebenfalls dort, ein Comic-Plakat aus dem letzten Landtagswahlkampf (6) und ein Foto mit Edmund Stoiber nach dem ersten gemeinsamen Aschermittwoch (7) 2003 in Passau.
Um den früheren Lautsprecher der CSU ist es seitdem natürlich viel ruhiger geworden, und das liegt nicht nur an einem „Reifeprozess“, wie Söder selbst sagt. „Als Landesminister muss man nicht durch jede Talkshow tingeln“, sagt er. „Aber mir fehlt da nichts.“
Trotzdem gilt Söder aber bei seinen Gegnern nach wie vor als Populist, der für eine schnelle Schlagzeile alles stehen und liegen lässt. Wohin ihn sein Weg noch führt? „Darüber habe ich aufgehört, mir Gedanken zu machen“, meint er. Wichtig sei ihm, sich nun als ernsthafter Politiker Respekt zu verschaffen. Und das gelinge ihm nach eigener Einschätzung inzwischen ganz gut. „Dass ich auch noch an der Spitze der Beliebtheitsskala stehe, das wäre dann doch etwas zu viel auf einmal verlangt!“
Andreas Hock