Herrmann bestätigt: „Trojaner“ kam aus Bayern
Der Einsatz von „Staatstrojanern“ zur Online-Überwachung schlägt hohe Wellen. Innenminister Joachim Herrmann bestätigt: Die Software kam aus Bayern. Nun soll der Datenschutzbeauftragte prüfen, ob die Polizei gegen Rechtsvorschriften verstoßen hat.
Landshut/München – Der umstrittene „Staatstrojaner“ zur Online-Überwachung stammt aus Bayern. Eine Erstbewertung des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) hat ergeben, dass die Software einem Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2009 zugeordnet werden kann, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag mitteilte. Noch nicht geklärt ist laut Herrmann, ob es sich bei der vorliegenden Datei um eine Testversion oder um die später tatsächlich eingesetzte Software handelt. Herrmann betonte aber, dass das LKA nach Einschätzung seines Ministeriums alle Rechtsvorschriften eingehalten hat. SPD und Grüne verlangten volle Aufklärung.
Herrmann schaltete den bayerischen Datenschutzbeauftragten Thomas Petri ein. Er soll als unabhängiger Fachmann den Einsatz der „Trojaner“ prüfen. Die Online-Überwachung war in einem Landshuter Fall ebenso wie in vier anderen Ermittlungsverfahren richterlich genehmigt. Juristisch umstritten ist aber, wo die richterliche Erlaubnis endet – ob die Polizei nur E-Mails überwachen und Telefonate belauschen oder auch Bildschirmfotos machen darf. Nach Angaben des Innenministeriums setzten die bayerischen Ermittler die Software nicht ein, um Festplatten auszuforschen – was ohne eigene richterliche Genehmigung verboten wäre.
Noch vor Herrmann erklärte der Landshuter Anwalt Patrick Schladt, dass der vom Chaos Computer Club bekannt gemachte „Staatstrojaner“ auf der Festplatte eines seiner Mandanten gefunden wurde. Das schrieb der Jurist in einer Mitteilung, die das Internet-Portal „ijure.org“ veröffentlichte. Gegen den Mann liefen Ermittlungen wegen Drogenhandels. „Aufgespielt wurde der Trojaner bei Gelegenheit einer Kontrolle meines Mandanten durch den Zoll auf dem Münchener Flughafen“, schrieb Schladt. „Auch wenn die Maßnahme selbst von bayerischen Behörden kontrolliert wurde, so steht für mich außer Frage, dass Stellen des Bundes – etwa der Zoll bzw. das Zollkriminalamt – im Wege der Amtshilfe beteiligt waren.“
Mit Hilfe der Überwachungssoftware hatten die Polizisten alle 30 Sekunden Bildschirmfotos („Screenshots“) vom Rechner des Mannes aufgenommen, sobald dieser seinen Internet-Browser oder die Chat-Software Skype benutzte. Das Landsgericht Landshut hatte die Aufnahme der Bildschirmfotos im Januar für rechtswidrig erklärt und dem Landeskriminalamt weitere Bildschirmaufnahmen verboten.
Der Landshuter Fall war nicht der einzige in Bayern. Das Landeskriminalamt in Bayern hatte in insgesamt fünf Fällen E-Mails und Internet-Telefonate mit „Trojanern“ ausgeforscht und dabei auch Bilschirmfotos aufgenommen. In allen fünf Fällen gab es die richterliche Genehmigung. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Landtagsanfrage der Grünen hervor. Die SPD verlangte Aufklärung, welche technischen Fähigkeiten die von Polizei und Verfassungsschutz in Bayern eingesetzten Überwachungsprogramme haben.
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