Heckings Hilferuf

„Wir brauchen die Unterstützung der Fans.“ Weil nach dem Pokal-Drama auf Schalke neben Gündogan auch Ekici und Judt gegen den HSV ausfallen
NÜRNBERG „Hast du kein Glück, kommt auch noch Pech dazu!“ Selten hat Jürgen „Cobra“ Wegmanns legendäres Zitat besser gepasst, als zum aktuellen Dilemma, in dem sich Club-Trainer Dieter Hecking nach dem extrem bitteren Pokal-Aus, dem 2:3 auf Schalke, befindet. Denn am Ende könnte sich die Last-Minute-Pleite, trotz aller Anerkennung für die couragierte Leistung seiner Elf und knapp 2,7 Millionen Euro Einnahmen, noch zu einem kräftigen Draufzahlgeschäft für den Club entwickeln.
"Das wird eine Kraftgeschichte"
Körperlich wie mental gehen seine Halbfinalisten der Herzen nach dem vierten Spiel innerhalb von zwölf Tagen auf dem Zahnfleisch. Und am Samstag (15.30 Uhr) steht mit dem Heimspiel gegen den wiedererstarkten Hamburger SV bereits die nächste Bewährungsprobe bevor. „Das wird eine Kraft-Geschichte. Die Mannschaft muss jetzt die Unterstützung von den Rängen spüren, um noch einmal über den toten Punkt zu gehen“, appelliert Hecking deshalb vor allem an den zwölften Mann – die treuen Club-Fans.
Allerdings: Selbst wenn aus den bislang 34.000 verkauften Tickets, davon 2429 an den HSV, bis Samstag doch noch über 40.000 werden sollten, Heckings Kardinal-Problem ist damit noch lange nicht gelöst. Als ob die Tristesse nach der Pokal-Pleite nicht schon schwer genug aufzufangen wäre, hat Hecking zudem eine eigentlich unmögliche Bastelarbeit zu bewältigen.
"Das ist einfach Qualität, die uns im Moment fehlt"
Der Grund: akuter Personalmangel. Schon die Ausfälle der langzeitverletzten Stammspielern Ilkay Gündogan (Mittelfuß-Quetschung), Mike Frantz (Muskelfaserriss) und Per Nilsson (Innenbandriss) kann ein Team wie der Club kaum kompensieren. Auch das war auf Schalke sichtbar. Obwohl seine ersatzgeschwächten Pokal-Fighter über sich hinausgewachsen waren und die Millionen-Truppe von Knappen-Trainer Felix Magath zwischenzeitlich sogar am Rande einer Niederlage hatten. Nämlich, als Christian Eigler nach sechs Minuten nur knapp am Kasten von Manuel Neuer vorbeizielte. „Wenn der reingeht, sitze ich vielleicht als Sieger hier“, hatte selbst Hecking zu diesem Zeitpunkt an die große Überraschung geglaubt. So aber musste er zugeben: „Bei solch engen Spielen hätte es mit Frantz, Gündogan und Nilsson vielleicht geklappt. Das ist einfach Qualität, die uns im Moment fehlt.“
Jetzt hat sich der Personal-Notstand sogar noch extrem verschärft. Juri Judt, der sich bei einem Kopfballduell mit Schalkes Kyriakos Papadopoulos eine Gehirnerschütterung zugezogen hat, fällt laut Hecking vermutlich aus. Seinen Platz auf der rechten Abwehrseite könnte Youngster Timothy Chandler (19) einnehmen, der sich nach Judts-Auswechslung auf dieser Position für den HSV warm spielen durfte und dies ordentlich erledigte.
In der Mittelfeld-Zentrale herrscht am Samstag ein komplettes Vakuum. Denn mit dem seit Freiburg gelb-gesperrten Ekici, der auf Schalke die Rolle als Strippenzieher nahezu perfekt interpretierte, muss jetzt auch noch der Ersatz für Club-Regisseur Gündogan passen. Eine adäquate Alternative gibt es in Heckings Kader nicht. Deshalb kündigte der Coach bereits in den Katakomben der Veltins–Arena an: „Wir müssen nun nachdenken, ob wir nicht die ganz junge Garde reinwerfen.“ Also auf geht’s Markus Mendler, Nassim Ben Khalifa und Kollegen. Krischan Kaufmann
Mehr über den Club und welches Trostpflaster Philipp Wollscheid auf Schalke abgestaubt hat, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer Abendzeitung am Donnerstag, 27. Januar.