Heckenschütze verweigert Aussage
Nürnberg – Ende vergangenen Jahres hat er in Franken Angst und Schrecken verbreitet: der Heckenschütze von Nürnberg. Wahllos feuerte er von seiner Wohnung aus auf Autos, Bäume und Steine – ohne Rücksicht auf Menschen. Seit gestern steht der 50-jährige Anwalt, der als Waffennarr bekannt ist, vor Gericht. Am ersten Prozesstag schweigt er.
Eine Reihe von Anträgen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft haben den Heckenschützen-Prozess bereits zu Beginn ins Stocken gebracht.
Die Anklage: Die Anklage wirft dem 50-Jährigen unter anderem versuchten Mord vor. Am 4. November 2014 soll er mit einem Starkluftdruckgewehr zwei Schüsse auf ein Auto abgegeben haben, das zuvor wegen eines Auffahrunfalls auf der Südwesttangente liegen geblieben war.
Weil die Fahrerin sich noch in unmittelbarer Nähe des Autos befand und der Schütze wegen der Dunkelheit nicht ausschließen konnte, Menschen zu treffen, sieht die Staatsanwaltschaft bei beiden Schüssen einen bedingten Tötungsvorsatz. Zudem sei das potenzielle Opfer arglos gewesen, womit die Staatsanwaltschaft den Mordvorwurf begründet.
Der Anwalt schießt auf Schilder, Autos und Bordsteine
Der Angeklagte soll immer wieder aus seiner Nürnberger Wohnung heraus Autos in rund 100 Metern Entfernung beschossen haben. Den Tod der Insassen – so der Vorwurf – habe der Rechtsanwalt in Kauf genommen. Außerdem soll er auf Verkehrsschilder, Bordsteine, Autoreifen und parkende Autos in einem angrenzenden Wohngebiet geballert haben.
Kurzer erster Prozesstag: Wenige Stunden nach dem Start wurde der Prozess gegen den 50 Jahre alten Angeschuldigten gestern gleich wieder unterbrochen. Die Anwälte hatten mehrere „schwerwiegende“ Verfahrensfehler beanstandet.
Ihr Mandant sei etwa bei der Festnahme und Vernehmung im Vorfeld seiner Aussagen nicht ausreichend über seine Rechte informiert worden, beklagte die Verteidigung. Auch bei der Zeugenbefragung der Lebensgefährtin sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen.
Zeugen beeinflusst? Die Staatsanwaltschaft brachte den des dreifachen versuchten Mordes bezichtigten Mann mit Hilfe von vier Zetteln in Erklärungsnot. Laut Anklage sind diese, vor wenigen Tagen bei ihm in der Zelle gefundenen Schriftstücke ein Indiz dafür, dass er Zeugen habe beeinflussen wollen. Ob sie als Beweisstücke im Prozess dienen, muss noch entschieden werden.
Der von der Staatsanwaltschaft als Waffennarr beschriebene Angeklagte zeigte bei der Verlesung der Anklage keinerlei Regung. Der Prozess wird heute fortgesetzt.
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