Hat ein Anwalt seinen Klienten übel behandelt?

Einem Nürnberger Rentner drohte eine hohe Haftstrafe. Vor Gericht kam die überraschende Wende
NÜRNBERG Streit, üble Beleidigungen – und sogar eine Eisenstange soll im Spiel gewesen sein! Für Janos O. (70) hörte sich die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gar nicht gut an. Als er gestern im Gerichtssaal erschien, musste der Rentner mit einer hohen Gefängnisstrafe rechnen. Doch dann wendete sich ganz überraschend das Blatt ...
Die Erleichterung war dem gebürtigen Ungarn aus Nürnberg ins Gesicht geschrieben. Wegen schwerer gefährlicher Körperverletzung und übler Beleidigung musste sich Janos O. vor dem Landgericht verantworten. Totschlag stand sogar im Raum. Selbst sein Verteidiger Sven Markuske rechnete ihm vor der Verhandlung keine guten Chancen aus.
Am Ende erwies sich die Anklage, Janos O. sei im Oktober 2008 mit einer langen Eisenstange wie ein Irrer auf seinen Ex-Anwalt Norbert A. (Name geändert), losgegangen, in dieser Drastik als nicht haltbar. Janos O. kam mit einer geringen Geldstrafe davon.
„Er versuchte schon mehrmals, meinen Mann in eine Psychiatrie einweisen zu lassen“
Ein Zwielicht fiel dafür auf das vermeintliche Opfer. Rechtsanwalt Norbert A. (71) hatte jahrelang als Janos O.s Betreuer fungiert. Eine Position, die er sich nicht nur erschlichen, sondern sogar missbraucht haben soll!
Vor zwei Jahren erwirkte Janos O. mithilfe von Detlef Tschirpig, einem Nürnberger Spezialisten für Betreuungsrecht, gerichtlich die Absetzung von Norbert A. als Betreuer. Er fühlte sich von seinem Vormund sowohl in finanzieller als auch menschlicher Hinsicht verraten und betrogen. Tschirpig: „Janos O. hatte sich überhaupt erst auf Norbert A.s Anraten unter Betreuung stellen lassen.“
Janos O. hat mittlerweile nicht nur sich selbst aus der fragwürdigen Betreuung von Anwalt Norbert A. befreit. In den letzten zwei Jahren hat Janos O. noch zwei weitere Fälle zu Anwalt Tschirpig gebracht, in denen auch dafür gesorgt wurde, dass er als Betreuer abgesetzt werden musste. Tschirpig nachdrücklich: „Ich habe den Verdacht, dass Norbert A. Janos O. seither gezielt verfolgt.“
Interessant war dann auch Norbert A.s Auftritt vor Gericht. An den Tattag konnte er sich beim besten Willen nicht mehr im Detail erinnern. Dafür war ihm wichtig, immer wieder einzustreuen, wie aggressiv und unberechenbar Janos O. sei. Der Gutachter konnte das nicht bestätigen.
Will der Anwalt seinen Ex-Klienten tatsächlich mit allen Mitteln aus dem Verkehr ziehen? Eine Vermutung, die Janos O.s Ehefrau bestärkte: „Er versuchte schon mehrmals, meinen Mann in eine Psychiatrie einweisen zu lassen.“
Das letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen. M. Pfefferer