Hat die Heimleitung etwas zu verbergen?

Sanktionen gegen die Frauen, die den mutmaßlichen Pflege-Skandal bei der Diakonie öffentlich machten.
DINKELSBÜHL Zunächst schien es, als sei die Leitung des Dinkelsbühler Stephanus-Altenheims dankbar: „Vollumfänglich“ müssten die Vorwürfe, die Ex-Pflegerin Stephanie Flähmig und zwei Kolleginnen erhoben, aufgeklärt werden. Flähmig hatte Missstände öffentlich gemacht, darunter den Tod dreier Heim-Bewohner. Der hätte eventuell verhindert werden können, wenn ein Arzt rechtzeitig gerufen worden wäre). Doch welche Kehrtwende ist das jetzt? Hat die Heimleitung etwas zu verbergen? Die mutigen Pflegerinnen haben jetzt Hausverbot! Für Stephanie Flähmig ist das besonders schlimm: Seit ihrer Kündigung betreut sie privat eine alte Dame, die ihr ans Herz gewachsen ist. „Die kann ich nun nicht mehr besuchen“, bedauert die 27-Jährige.
Kalter Wind weht der jungen Frau und ihren Kolleginnen auch aus anderen Richtungen entgegen. „Im Heim wird so getan, als ob wir alle Kolleginnen und Kollegen unter Generalverdacht gestellt haben. Das taten wir aber nicht: Es ging immer nur um zwei Personen.“ Das sind die beurlaubte Stationsleiterin Gerlinde G. und die gekündigte Kollegin Dorothea P. – und eben nur gegen diese beiden Frauen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Es geht um fahrlässige Tötung in drei Fällen und den Verdacht auf Misshandlung in fünf Fällen.
Auch dass die engagierten Pflegerinnen Flähmig und Diana Feilhauer sich an die Medien gewendet haben, wird ihnen nun zum Vorwurf gemacht. Flähmig und ihre Kolleginnen hatten, um ihre Kritik zu untermauern, Handy-Fotos von blauen Flecken und schwärenden Wunden gemacht, jedoch ohne die Identität der Personen preiszugeben. In Leserbriefen von Angehörigen in einer Lokalzeitung ist jetzt zu lesen, dass das „pietätlos“ sein soll.
"Missstände dieser Art müssen angezeigt werden"
Die „Überbringer der schlechten Nachricht“ leiden unter der Situation. Flähmig: „Es ist nicht schön. In einigen Momenten frage ich mich, ob ich meinen Mut nicht doch bedauern soll.“ Doch diese Momente, so die 27-Jährige, vergingen schnell wieder. „Missstände dieser Art müssen angezeigt werden.“
Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft, noch sind die Ergebnisse offen. Für Stephanie Flähmig steht ein Ergebnis ihres mutigen Einschreitens bereits fest: Sie kann eine 89-Jährige, die sie auf einer Station im Dinkelsbühler Heim betreute, nun nicht mehr besuchen. „Das tut mir sehr leid, ich habe mich auch nach meiner Kündigung sehr gerne privat um sie gekümmert.“
Dass Stephanie Flähmig der alten Frau jetzt nicht mehr vorlesen kann, nicht mehr mit ihr spazieren gehen kann, sie nicht mehr waschen kann, begründet Friedrich Walter, der Geschäftsführer des Diakonie-Kreisverbandes Dinkelsbühl-Wassertrüdingen, so: Es gehe nicht darum, die jungen Frauen zu bestrafen, sondern darum, Ruhe in das Heim zu bringen. Für Donnerstag ist im Heim ein Gespräch mit Angehörigen geplant. Walter: „Wir möchten gerne ihre Meinungen zu den Vorwürfen wissen. Nur aus Kritik kann man lernen.“
sw