Happy End im Gartenstuhl
NÜRNBERG - Ironiegeladen: In Fürth zeigt die Staatsoperette Dresden Leonard Bernsteins komische Operette „Candide“.
Wie eine Gruppe der als Daueroptimisten verschrieenen Amerikaner auf die Idee kommen konnte, aus Voltaires bissiger Leibnitz-Abrechnung „Candide“ eine „komische Operette“ zu machen, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Schließlich jagt der Aufklärungsautor seinen Titelhelden, der fest daran glaubt, in der besten aller Welten zu leben, in einer absurden Odyssee durch Kriege und Katastrophen, nur um das Gegenteil zu beweisen.
Was in Leonard Bernsteins Adaption an bitterem Witz und Schärfe verloren ging, holt Kabarettist Peter Ensikat in der Fassung der Dresdner Staatsoperette zurück auf die Bühne. Er selbst gibt den spöttelnden Philosophen, der die Geschichte in gegenwartsorientierte Pointen packt.
So wirkt „Candide“ in Winfried Schneiders ironiegeladener Inszenierung zunächst wie eine Nummernrevue, nur dazu da, um Voltaires Thesen zu illustrieren: Der einfältige Tor stolpert auf der Suche nach seiner Cunegonde, die so gar nicht zu ihm passt, von einem Unheil ins nächste. Hinter ihm tönt das Orchester als kostengünstiges Bühnenbild matt; auch der Chor auf den Laufstegen an der Bühnenrückwand bleibt blass.
Doch dann singt Jessica Glatte „Glitter and be gay“ und lässt Bernsteins musikalisches Genie von der Leine: Da perlt der Witz wie der Champagner, den Cunegonde in sich hineinschüttet, strahlen die Spitzentöne wie der Schmuck, mit dem sie sich über ihre Liebhaber tröstet. Nun glänzen die Ensemble-Nummern öfter, bringt Gritt Gnaucks auch stimmlich opulente Old Lady absurden Drive in die Geschichte und besticht das Ballett durch bühnenfüllende Einlagen.
Am Ende gibt’s das bittersüße Happy End eines desillusionierten Paars in Plastikgartenmöbeln — nicht eben die beste, aber die realistischste aller Welten. Georg Kasch
Noch 3. und 4. Juli, 19.30 Uhr, Karten Tel. 0911/ 9 74 24 00
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