Hagens Herzenssache: "Körperwelten" in Augsburg
AUGSBURG - Der umstrittene Plastinator Gunther von Hagens zeigt in Augsburg seine präparierten Toten. Darüber sind nicht alle begeistert. Wie er mit der Kritik umgeht.
Ein kühler Lufthauch durchzog am Freitag die Augsburger Messehalle. Irgendwo rauschte eine Klimaanlage. Doch manchen Besucher fröstelte es wohl auch im Angesicht der Exponate: Der umstrittene Präparator Gunther von Hagens eröffnete gemeinsam mit seiner Frau und Kollegin Angelina Whalley die Ausstellung „Körperwelten – eine Herzenssache“.
Für die aktuelle Ausstellung hat sich das Paar ein symbolgeladenes Organ ausgesucht: Es geht um das menschliche Herz in allen Variationen.
Mehr als 200 menschliche Präparate sind in der Schwabenhalle zu sehen. Einzelne Organe wie Lebern und Raucherlungen in Schaukästen ebenso wie Ganzkörperplastinate und transparente Körperscheiben. Außerdem ist von Hagens bislang größtes Plastinat in Augsburg ausgestellt: eine 5,80 Meter hohe, männliche Giraffe. Nicht unter den Exponaten ist allerdings das kopulierende Pärchen, das Anfang Mai für Aufregung gesorgt hatte. Es ist nach wie vor in Berlin.
Vor sechs Jahren gastierte "Körperwelten" in München
Von Hagens präsentierte sich, wie man ihn schon oft gesehen hat: mit steifem schwarzen Hut, schwarzer Lederjacke und konzentriertem Gesichtsausdruck. Sechs Jahre sind vergangen, seit er das letzte Mal in Bayern ausgestellt hat. Damals sorgte er in München für Diskussionen.
Nun ist Augsburg dran. Scharfe Kritik kam im Vorfeld der Eröffnung vom Diözesanrat der Katholiken im Bistum Augsburg: Die Ausstellung von menschlichen Leichnamen verletze die Würde der Verstorbenen, die nicht mit dem Tod ende.
Dem stellten sich die Wissenschaftler von Hagens und Whalley. Unterstützung kam vom Philosophen Franz Josef Wetz, der unter anderem das Buch „Illusion Menschenwürde“ geschrieben hat.
Von Hagens, dem es nach eigenem Bekunden nicht um Grusel und Nervenkitzel geht, antwortete auf Fragen: „Wir ziehen bei unserer Arbeit natürlich Grenzen.“ Und vervollständigte mit seinem typischen schwarzen Humor: „Das wäre nicht mehr gegeben, wenn ich etwa einen Magen in eine Karnevalsmaske umwandeln würde.“ Angelina Whalley erklärte das Anliegen der Ausstellung: „Herz-Kreislauferkrankungen führen in den allermeisten Fällen zum Tod“, betonte Whalley. „Deswegen appellieren wir an jeden, seinen Körper zur Herzenssache zu machen.“
Von Hagens Plastinationsverfahren als Bestattungsform der Zukunft?
Trotz aller Kritik: Von Hagens sieht die von ihm erfundene Plastination als Bestattungsform der Zukunft. Zwar werde es noch einige Zeit dauern, doch auch die Feuerbestattung habe sich erst vor rund 100 Jahren etabliert. „Ich kratze schon am Alleinvertretungsanspruch der Kirche für den toten Körper“, sagte er. „Himmel und Hölle, das interessiert die jungen Leute heute doch nicht mehr.“
Von Hagens wird in den nächsten Tagen seine Kritiker treffen. Am Sonntag will er in Berlin mit Bestattungsunternehmern und evangelischen Kirchenvertretern diskutieren. Die Schau soll bis 13. September in Augsburg zu sehen sein.
Vanessa Assmann
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