"Hänge brutal an ihr": Bayer fotografiert Sternenkinder - und geht mit Giraffe viral

Cham/Deggendorf - Alles beginnt mit einer Giraffe. Nicht mit einer echten, sondern einer in Miniatur aus Plüsch und mit dem Namen Stella. Genau diese hat Florian Bauer (32) aus Weiding in der Oberpfalz in den letzten Tagen so viel Aufmerksamkeit eingebracht, dass er immer noch überwältigt ist.
Das Kuscheltier begleitet den 32-Jährigen bei einer Herzensangelegenheit: Er fotografiert ehrenamtlich Sternenkinder. Seit 14. Februar 2022 engagiert er sich auf diese Weise, er hat das genaue Datum sofort parat.
Mann aus Bayern fotografiert Sternenkinder: Giraffe Stella verschwunden
Dabei begegnet er unweigerlich Eltern, deren Glück gerade in tausend Scherben zerbricht. Und die sich das erste und das letzte Bild von ihrem Kind wünschen, das sie eigentlich beim Aufwachsen beobachten und ein Leben lang begleiten wollten.
Auf der Stiftungsseite "Dein Sternenkind", bei der sich Bauer engagiert, wird erklärt: "Wir fotografieren Sternenkinder und Frühchen, die den Weg in die Welt nicht erleben durften, und Kinder, die an plötzlichem Kindstod verstorben sind. Üblicherweise befinden sich die Kinder zwischen der 14. Schwangerschaftswoche und dem normalen Geburtstermin. Es gibt aber immer Ausnahmen."
Seit einem Jahr hat Bauer die Plüschgiraffe bei jedem Einsatz dabei, "sie ist ein kleiner Halt". "Ich hänge brutal an ihr", sagt er zur AZ. Auch die Sternenkinder fotografierte er mit ihr. Doch bei einem Einsatz in Deggendorf muss ihm Stella aus der Tasche gerutscht sein.
Mann aus Bayern startet Aufruf über Facebook - und ist gerührt
Kurzerhand startete er einen Facebook-Suchaufruf - mit ungeahnter Resonanz. "Ich habe immer noch Gänsehaut", sagt der 32-Jährige. Tausende haben den Beitrag geteilt, viele haben geschrieben und kommentiert - nur positiv, wie er hervorhebt.
Es geht ihm dabei gar nicht mehr nur um die Suche nach Stella. "Ich kann gar nicht glauben, was daraus entstanden ist. Ich finde es brutal schee, dass die Sternenkinder dadurch mehr Raum bekommen haben", sagt der hauptberufliche Postbote und Hobbyfotograf.
Denn es wird nun nicht nur über das verlorene Plüschtier gesprochen, sondern auch über sein Ehrenamt. Das ist sein Herzensthema, das merkt man bei jedem Wort.

Fotograf aus Bayern: "Der schwerste Moment für Eltern"
Er kam damals über einen Facebook-Aufruf auf das Engagement, anfangs noch etwas "blauäugig". Aber man wachse in die Aufgabe hinein, sagt er rückblickend. "Es ist eine Ausnahmesituation, der schwerste Moment für Eltern, die sich eigentlich auf ihr Kind freuen. Und dann die Botschaft, dass das kleine Herzerl nicht mehr schlägt."
Er erinnert sich noch an einen Einsatz, bei dem das Baby noch lebte. Am 3. März 2022, auch hier weiß er das Datum sofort. "Ich war dabei, als die Maschinen bei dem Kleinen abgestellt wurden. Ich habe Rotz und Wasser geheult. Das hat mich sehr erwischt." Dennoch hat er noch nie ans Aufhören gedacht: "Man weiß, warum man es macht: Man kann damit unglaublich helfen und die Eltern unterstützen."
Worauf achtet er bei den Fotos? "Dass sie ehrlich sin
d und nicht gestellt." Es sei kein klassisches Fotoshooting. Er stelle sich erst vor, begrüße die Eltern und das Kind, erkläre viel, "damit die Eltern wissen, was als nächstes gemacht wird."
Fotograf aus Bayern bleibt im Hintergrund, hält letzte Momente fest
Zunächst fotografiere er Details. Händchen. Füßchen. Dann hält er gemeinsame Momente fest. Letzte Male. Etwa wenn die Eltern das Kind noch mal anziehen, es zudecken, halten. Bauer hält sich dabei im Hintergrund und versucht, diese Momente einzufangen, ohne sich aufzudrängen.
Um dieses Ehrenamt zu übernehmen, bewirbt man sich mit einem Bilder-Portfolio bei der Stiftung, die dann geeignete Fotografen auswählt, erklärt der Ehrenamtliche, der mittlerweile auch die Koordination unterstützt.
Betroffene Eltern können ein Formular ausfüllen oder die Notfallnummer wählen, erklärt Bauer das Prozedere vor den Einsätzen. Dort übernimmt zunächst ein Anrufbeantworter, "innerhalb kürzester Zeit meldet sich die Koordination zurück". Die Fotografen seien in Alarmkreise unterteilt. Intern werde geprüft, wer das Sternenkind fotografieren kann.
Dem 32-Jährigen ist es wichtig, zu sagen: "Es gibt sehr viele tolle Menschen, die das machen. Herzensmenschen. Ich bin nicht der Einzige." Der Stiftung zufolge engagieren sich bereits rund 600 Fotografen ehrenamtlich. "Dein Sternenkind" sucht immer weiter nach ehrenamtlichen Fotografen - nicht nur in Bayern. Sie ist flächendeckend in ganz Deutschland, Österreich, der deutschsprachigen Schweiz und Südtirol vertreten.
Mann aus Bayern verliert Stofftier - und bekommt einen ganzen Karton mit neuen Plüschtieren
Allein ist Bauer jetzt auch nicht bei der Suche nach Stella - doch bisher wurde sie nicht gefunden. Obwohl er selbst vor Ort noch mal geschaut hat - nach einem Hinweis. Ohne begleitendes Stofftier ist der 32-Jährige trotzdem nicht. Sowohl die Stiftung hat ihm eine identische Ersatz-Giraffe besorgt als auch der Hersteller höchstpersönlich. Dieser habe alles auf den Kopf gestellt, um noch mal solch ein Exemplar aufzutreiben. Eigentlich wird sie nicht mehr produziert. Diese beiden werde er jetzt in Ehren halten, sagt Bauer.
Und noch eine Überraschung bekam er: Der Hersteller habe ihm aufgrund des Suchaufrufs und der Berichte darüber einen ganzen Karton an Plüschtieren zukommen lassen. "Die kann ich jetzt zu den nächsten Einsatzterminen mitnehmen und den Eltern geben, damit auch sie etwas zum Festhalten haben."