Haderthauers Bayern: Kein Platz für Sarrazin

Die Ministerin stellt eine Studie zur Integration im Freistaat vor. Zwei Drittel der Zugewanderten hätten Arbeit, sagt sie – und äußert nebenbei noch einen Wunsch an Mesut Özil & Co.
von  Abendzeitung
Will den Sozialhilfeempfängern ab Januar 20 Euro im Monat abnehmen: Sozialministerin Christine Haderthauer
Will den Sozialhilfeempfängern ab Januar 20 Euro im Monat abnehmen: Sozialministerin Christine Haderthauer © dpa

MÜNCHEN - Die Ministerin stellt eine Studie zur Integration im Freistaat vor. Zwei Drittel der Zugewanderten hätten Arbeit, sagt sie – und äußert nebenbei noch einen Wunsch an Mesut Özil & Co.

„Wir sind auf dem richtigen Weg“, glaubt Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU). Mit Professor Friedrich Heckmann und Anna Lutz von der Uni Bamberg stellte sie gestern deren 300 Seiten starke Studie zum Stand der Integration in Bayern vor. „Würde Thilo Sarrazin in Bayern leben, hätte er sein Buch ,Deutschland schafft sich ab’ nicht geschrieben“, behauptete die Ministerin. Denn: Bayern stehe besser da als viele andere Bundesländer. Kein Vergleich also zu den Berliner Verhältnissen, auf die sich Sarrazin in seinem Buch stütze.

Gleichwohl gibt es viel zu tun. 2,4 Millionen Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, leben in Bayern. Das ist knapp ein Fünftel (19,3Prozent) der Bevölkerung. „Allein die Anzahl sagt nichts über die Qualität der Integration aus“, erklärt Haderthauer. Als positiv beurteilt sie, dass 66,7 Prozent der nach Bayern Zugewanderten und ihrer Kinder eine geregelte Arbeit haben: „Die Erwerbsquote ist höher als in jedem anderen Bundesland.“

Ebenfalls positiv: Die dramatische Zahl von Ausländerkindern ohne Schulabschluss ging im Untersuchungszeitraum etwas zurück. Trotzdem waren es im Schuljahr 2007/8 immer noch 13,5 Prozent.

Einige Maßnahmen für eine bessere Integration waren unter anderem Sprachkurse, der Ausbau der Kinderbetreuung oder Programme zur Förderung der Selbstständigkeit. „Allein in Schwäbisch Gmünd mit rund 60000 Einwohnern gab es 76 Maßnahmen“, erläuterte Friedrich Heckmann, der Verfasser der Studie.

Seit 2007 wird bei allen Kindern, in deren Familie nicht vorwiegend Deutsch gesprochen wird, der Sprachstand überprüft. Kinder, die vor der Einschulung die Sprache nicht gut genug beherrschen, werden zurückgestellt und müssen Deutschkurse besuchen. Den jüngsten Zahlen zufolge konnten „89 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund eingeschult werden“, so Haderthauer.

Alarmierend bleibt allerdings das Ergebnis der Untersuchung, dass das Armutsrisiko für Einwanderer in Bayern nach wie vor doppelt so hoch ist wie für die alteingesessene Bevölkerung. Außerhalb Bayerns ist das Risiko allerdings noch höher.

Die Studie sieht Christine Haderthauer nun als Grundlage für die Politik, „die daraus werden kann“.

Handlungs- und Optimierungsbedarf sieht sie sogar bei einigen „Vorzeige-Immigranten“. Angesprochen auf die Fußballnationalmannschaft mit Mesut Özil und anderen Spielern mit ausländischen Wurzeln sagte sie: „Ich würde mir wünschen, dass jeder, der für Deutschland spielt, auch die Nationalhymne singt.“

Nina Job

Zahlen und Entwicklungen aus der Studie "Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Bayern" von Anna Lutz und Friedrich Heckmann, Europäisches Forum für Migrationsstudien, Uni Bamberg:

* Der Ausländeranteil in Bayern liegt seit 2005 konstant bei etwa 9,5 Prozent. In der Rangfolge der Bundesländer mit den meisten Menschen mit Migrationshintergrund (Migrationshintergrund) steht Bayern nach Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg, Hessen, Berlin und NRW an 7. Stelle

* Überdurchschnittlich viele Migranten leben in Oberbayern, Mittelfranken und Schwaben. Die Städte mit den höchsten Ausländeranteilen sind: Augsburg 39,5 %, Nürnberg 38,3 %, München 35,2 %

* Immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund besuchen eine Kindertageseinrichtung oder Krippe: Seit 2008 stieg die Zahl um 12,9 Prozent (plus 8905 Kinder)

* Im Schuljahr 2007/8 waren 17.218 Kinder mit Migrationshintergrund schulreif. 7 Prozent mussten zurückgestellt werden, da sie zu schlecht deutsch sprachen. 12 % mussten eine Deutschförderklasse besuchen

* Drei Mal so viele ausländische (13,5 %) wie deutsche (4,4 %) Kinder schafften 2008 keinen Hauptschulabschluss, zwei Jahre zuvor verließen sogar 17,3 % Ausländerkinder die Hauptschule ohne Abschluss

* 60,1 Prozent der Achtklässler mit Migrationshintergrund gingen auf die Hauptschule, Das heißt, jeder fünfte Hauptschüler hat ausländische Wurzeln. Deutsche Mitschüler verteilten sich gleichmäßiger auch auf Realschulen und Gymnasien

* Während 31 Prozent der deutschen Schulabgänger die Schule mit (Fach-)Hochschulreife verließen, schafften das nur 12,8 Ausländerkinder

* Nur halb so viele ausländische Jugendliche (15,7 %) wie deutsche (33 %) bekamen einen Ausbildungsplatz

* Arbeitslosenquote: 2008 lag sie bei 8,5 Prozent für Menschen mit Migrationshintergrund. Deutsche im Vergleich: 3,4 Prozent

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