Haderthauer und Herrmann: Tänzchen mit Gschmäckle

CSU-Politiker Florian Herrmann amüsiert sich mit Christine Haderthauer bei einem Ball – obwohl er im Untersuchungsausschuss zur Modellbau-Affäre sitzt.
von  Verena Lehner
Ein Tweet mit Folgen: Dieses Bild von Christine Haderthauer und Florian Herrmann ist nicht überall gut angekommen.
Ein Tweet mit Folgen: Dieses Bild von Christine Haderthauer und Florian Herrmann ist nicht überall gut angekommen. © twitter

Ein Tänzchen in Ehren kann niemand verwehren – vielleicht hat sich CSU-Politiker Florian Herrmann das gedacht, als er am Wochenende mit CSU-Kollegin Christine Haderthauer bei der „Schanzer Nacht“ in Ingolstadt eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt hat. Das ist allerdings nicht überall so gut angekommen – denn Herrmann ist stellvertretender Vorsitzender im Untersuchungsausschuss zur Modellbau-Affäre.

Der verhängnisvolle Abend: Die „Schanzer Nacht“ der CSU ist zwar der Höhepunkt der Ingolstädter Faschingssaison, aber – in der Regel – ein Ereignis, das nicht unbedingt überregional für Aufsehen sorgt.

Zweisam an einem Tisch und auf dem Tanzparkett

Gut 2500 Gäste haben sich auf dem Ball vergnügt – zwei Gäste davon haben diesmal aber dafür gesorgt, dass der Ball über die Ingolstädter Grenzen hinaus Aufmerksamkeit erregt. Denn auf einem Foto, das nur wenige Stunden später durchs Netz geistert, sind Florian Herrmann und Christine Haderthauer in trauter Zweisamkeit an einem Tisch zu sehen, wie sie strahlend in die Kamera lachen. Auch bei einem gemeinsamen Tänzchen werden sie fotografiert.

Brisant an der Sache: Herrmann ist der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses (UA) „Modellbau“ im Landtag, der unter anderem herausfinden soll, ob Haderthauer als frühere Staatskanzleichefin das Parlament wahrheitsgemäß über ihre Rolle in der Firma „Sapor Modelltechnik“ informiert hat. Auf Haderthauer warten dort unangenehme Fragen über die Geschäfte mit exklusiven, von psychisch kranken Straftätern hergestellten Oldtimer-Modellen. Zudem laufen in dieser Sache gegen sie staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

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Die Reaktionen: Kaum waren die ersten Bilder im Netz, da verbreitete Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote eine der Aufnahmen über ihren Twitter-Account mit der Bemerkung: „Gestern in Ingolstadt. CSU-Ball: stellvertr. Vorsitzende d. #Modellbau UA mit Untersuchungsgegenstand #haderthauer“. Bei einigen örtlichen CSU-Größen rief das unbekümmerte Miteinander ebenfalls Stirnrunzeln hervor. Sie befürchten öffentliches Gerede.

Die rechtliche Situation: Vorsitzender des UA „Modellbau“ ist SPD-Rechtsexperte Horst Arnold. Er sieht die ganze Sache eher locker. Er habe Herrmann und Haderthauer auch schon in einer Box der Landtagsgaststätte zusammen gesehen. Er sehe darin kein Problem. 

Arnold: „Es gibt keine Vorschrift, die den Kontakt verbietet“

Arnold war vor seiner Amtszeit im Landtag Richter und Staatsanwalt und kennt sich mit Ermittlungsverfahren in der Justiz bestens aus. Er sagt ganz klar: Ein Untersuchungsausschuss im Landtag folgt anderen Regeln. Es gebe keine Vorschriften, die solche Kontakte verbieten würden. Er selbst vermeide aber Begegnungen mit Leuten, die im Ausschuss befragt werden sollen.

Die Arbeit im Ausschuss: Dass sich Haderthauer und Herrmann austauschen, ist für Arnold nicht schlimm. Auch wenn er zugibt, dass das Ganze natürlich ein „Gschmäckle“ habe. Auf die ordnungsgemäße Arbeit im Untersuchungsausschuss habe das keinen Einfluss. Wenn sich zwischen CSU und Opposition keine gemeinsame Sicht herausarbeiten lasse, könnten SPD, Grüne und Freie Wähler ihre Sicht ja in einem Minderheitenbericht darstellen.

Herrmann: „Kein Kontaktverbot“

Die Sache werde zu sehr aufgebauscht und auf dem Ball am Wochenende sei nichts Ungewöhnliches passiert – das ist die Meinung, die der betroffene CSU-Politiker Florian Herrmann vertritt. Im Gespräch mit der AZ sagt er, dass er die ganze Aufregung nicht nachvollziehen kann. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu Frau Haderthauer und kenne sie bereits seit vielen Jahren.“

Für ihn ist es deshalb normal, dass er Kontakt zu ihr pflegt. „Bei einem Untersuchungsausschuss gibt es schließlich kein Kontaktverbot. Außerdem geht es hierbei um Vorfälle aus der Vergangenheit. Das hat mit der gegenwärtigen Situation nichts zu tun.“ Florian Herrmann war unter anderem Mitglied im Untersuchungsausschuss zum Fall Gustl Mollath. „Auch hier habe ich mit betroffenen Personen einen normalen Umgang gepflegt. Das gehört dazu, es geht ja auch darum, Dinge aufzuklären. Da muss miteinander gesprochen werden.“ Ob er die Aufregung um die Sache nicht auch ein bisschen verstehen kann? „Nicht wirklich“, antwortet Herrmann darauf. Dass die Opposition jede Gelegenheit aufgreift, um Stimmung gegen Frau Haderthauer zu machen, sei nichts Neues. Dass Grünen-Landtagskollegin Ulrike Gote dieses Bild plus Anmerkung per Twitter verbreitet, findet er deshalb „ein wenig daneben“.

„Die neutrale Haltung, die von mir gefordert wird, und die ich auch habe, gilt auch für die Kollegin Grote.“ Die Unschuldsvermutung sei für ihn ein Grundprinzip, nach dem er immer handle. Herrmann sagt außerdem ganz klar: „Der Untersuchungsausschuss ist keine Geheimsache.“ Im Fall der Modellbau-Affäre sei Christine Haderthauer außerdem Betroffene. Das heißt: Sie hat volle Akteneinsicht und kennt den Fragenkatalog. Aber: In einer lockeren Runde wie bei dem Ball am Wochenende sei der Untersuchungsausschuss ohnehin kein Thema. „Da wird über so etwas überhaupt nicht gesprochen.“ Verena Lehner

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