Habt Ihr denn nichts gelernt? Illegale Autoraser wieder da!

Nachts auf der B4: 200 irre Tuning-Fans feuern die Hobby-Rennfahrer bei ihren Wettkämpfen an.
NÜRNBERG Ein illegales Autorennen an der Norisring-Steintribüne endete am 23. August 2003 für den Nürnberger Schüler Dominic (15) tödlich. Als Zuschauer wurde er von einem 165-PS-starken Golf bei Tempo 120 erfasst. Doch die Tuning- und Raser-Szene – sie lebt weiter! Erst in der Nacht zum Samstag trafen sich rund 200 irre PS-Fans an der B4 auf Höhe der Firma Staedtler, um zwischen den Ampeln ordentlich Gas zu geben...
Es riecht nach verbranntem Gummi. Mit angezogener Bremse und qualmenden Reifen steht der weiße BMW an der roten Ampel. „Wenn die Schlappen richtig warm sind“, sagt ein Zuschauer am Straßenrand, „dann kommt man schneller weg.“ Neben dem BMW steht ein dunkler Mini. Aus den Auspuffrohren der Autos bullert die Gewalt von vielen hundert Pferdestärken. Grün! Die Motoren heulen auf. Das gefährliche Rennen beginnt. Erster, zweiter, dritter Gang, eine Fehlzündung - der BMW ist vorne.
Samstag, kurz nach 1 Uhr morgens, im Knoblauchsland. Frankens Tuning-Szene misst auf der B4 zwischen Moosäckerstraße und der Boxdorfer Hauptstraße die Kräfte ihrer hochgezüchteten Autos. Die Rennstrecke führt von der Bushaltestelle gegenüber der Staedtler-Bleistiftfabrik am FKK-Club Sylt vorbei zur nächsten Ampel. Maximal Tempo 70 ist hier erlaubt. Das erreichen die tiefergelegten, chromblitzenden Flitzer in wenigen Sekunden. Die Zuschauer in den Buchten der Bushaltestellen fachsimpeln übers Schaltverhalten des BMW M 3, über die Optik der Front des Opel und über einen Kumpel, der seinen 40000-Euro-Boliden auf der Autobahn in die Leitplanke gesetzt hat. Die Kennzeichen der Autos kommen aus Nürnberg, Fürth, Lauf, Ansbach und sogar aus Tauberbischofsheim.
So ein Kräftemessen ist gefährlich. Polizei und Stadt haben die Tuning-Szene nach Dominics Tod von der Steintribüne vertrieben. Die PS-Fans sind auf andere Straßen ausgewichen. „Immer mal wieder treffen wir uns hier an der B 4. Es geht darum, wer am schnellsten an der Ampel ist", sagt einer. Er fragt Zuschauer, die älter als der Durchschnitt sind, misstrauisch aus. Dann gibt er ihnen den Rat, lieber nach Hause zu gehen – und macht noch ein heimliches Handy-Foto.
Denn legal sind solche Rennen nicht. Da stören Zeugen, die nicht zur Szene gehören. Die Polizei wusste, dass sich die Tuner am Freitagabend auf dem Parkplatz von XXX-Lutz trafen, um sich gegenseitig unter die Motorhauben zu schauen. Das ist erlaubt – und ein Rennen gab es da nicht. Dass die Szene danach zum Racing an die B4 wechselte, entging der Polizei allerdings. Michael Reiner