Haben Gablinger Beamte auch in einer zweiten JVA Insassen attackiert?

Nach BR-Recherchen sollen Gablinger Beamte auch im Gefängnis Neuburg-Herrenwörth mehrere Insassen angegriffen haben. Häftlinge berichteten von Schlägen und Würgegriffen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
von  Natascha Probst
Der Eingangsbereich der JVA in Gablingen bei Augsburg. Nun gibt es auch Vorwürfe gegen die Beamten aus dem benachbarten Gefängnis.
Der Eingangsbereich der JVA in Gablingen bei Augsburg. Nun gibt es auch Vorwürfe gegen die Beamten aus dem benachbarten Gefängnis. © Karl-Josef Hildenbrand

Gegen Beamte der JVA Gablingen gibt es neue Vorwürfe: Der BR berichtet von Häftlingen der JVA Neuburg-Herrenwörth, einem benachbarten Gefängnis für den Jugendstrafvollzug, die ebenfalls von Gablinger Beamten attackiert worden sein sollen.

Geschehen sei dies bei einer Drogenrazzia am 23. Oktober 2024 in der JVA Neuburg-Herrenwörth. Mit dabei waren demnach Mitglieder der sogenannten Sicherungsgruppe (SIG) der JVA Gablingen, also speziell ausgebildete Beamte für konflikthafte Situationen, da die JVA Neuburg-Herrenwörth selbst keine eigene SIG und keinen eigenen Rauschgift-Spürhund hat.

Was die Häftlinge von der Razzia berichten, ist nicht bewiesen. Allerdings wandte sich der Leiter der JVA Neuburg-Herrenwörth nach der Razzia ans bayerische Justizministerium. Sein Verdacht: Vier seiner Häftlinge wurden womöglich durch die Gablinger SIG-Einheit verletzt – also durch die Beamten, gegen die bereits wegen mutmaßlicher Übergriffe in Gablingen ermittelt wird.

"Wo ist dein Stoff, wo ist dein Stoff?"

Zwei der Verletzten sind Milan und Julian, die im Gespräch mit dem BR von der Razzia erzählen. Milan berichtet, dass er sich am Morgen der Razzia mit rund 20 weiteren Gefangenen in der Turnhalle aufreihen musste. Hinter ihm habe der Spürhund Männchen gemacht. Sofort hätten zwei SIG-Beamte ihm die Arme nach hinten verdreht und ihn abgeführt.

Er musste sich entkleiden. "In dem Moment, als ich mein T-Shirt weggelegt hatte, ist einer der beiden Beamten mir an die Kehle gegangen, ich bin dadurch circa eineinhalb Meter nach hinten geflogen."

Er soll auf den Boden fixiert worden sein, ein Beamter habe ihm die Luft abgedrückt und gefragt: "Wo ist dein Stoff, wo ist dein Stoff?"

Er habe verneint, Drogen zu besitzen. "Dann hat mir ein SIG-Beamter zweimal mit den Sicherheitshandschuhen in die linke Gesichtshälfte geschlagen." Einer der Beamten habe gerufen: "Du Bastard, ich hau' dir die Zähne raus, wo ist dein Stoff?" Milan beteuert erneut, keine Drogen zu besitzen.

Der anschließende Urintest sei negativ ausgefallen, sagt Milan. In der Krankenstation der JVA sei eine Wunde über dem linken Auge dokumentiert worden. Er hatte zwei bis drei Tage lang Kopfschmerzen.

Juristin soll stellvertretende Leiterin der JVA Gablingen gewesen sein

Milans Zellengenosse Julian erzählt von noch schlimmeren Übergriffen. Er habe sich widersetzt, als ihm die Luft abgedrückt wurde, weswegen er in eine Spezialzelle gesperrt worden sei, die eigentlich nur als Ultima Ratio vorgesehen ist. "Eine Juristin" habe seine Haft in der Spezialzelle angeordnet. Die Frau sei "zwei bis drei Meter daneben gestanden", als er vor seiner Zelle von SIG-Männern geschlagen worden sei.

Offenbar handelt es sich bei der Juristin um die damalige stellvertretende Leiterin der JVA Gablingen. Laut dem Justizministerium war sie beim Einsatz in Neuburg dabei. Die JVA Gablingen und die Augsburger Staatsanwaltschaft wollten sich aufgrund der laufenden Ermittlungen im BR nicht äußern. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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