Golke: Sein neues Leben ohne Niere

Ex-Club-Star hat eine Versicherungsagentur – und muss in dieser Saison nochmals absteigen
von  Abendzeitung
Golke heute als Trainer des VfL Maschen: Abstieg besiegelt.
Golke heute als Trainer des VfL Maschen: Abstieg besiegelt. © abendzeitung

Ex-Club-Star hat eine Versicherungsagentur – und muss in dieser Saison nochmals absteigen

MASCHEN In diversen Kneipen am Kiez in Hamburg, in denen sich St.Pauli-Fans treffen, ist André Golkes Konterfei zu sehen. In Reichweite von Peter Knäbel und Martin Driller. Die Bilder sind leicht vergilbt, alle drei haben aber eins gemeinsam: Sie spielten als Profis auch für den Club. André sogar zwei Mal: 1991/92 in der Bundesliga (38 Spiele, sieben Tore). Und dann, nach einem unfreiwilligem Intermezzo beim VfB Stuttgart („Weil der Club dringend Geld brauchte“, so Golke), erneut in der Saison 1993/94 – mit 33 Einsätzen und vier Treffern. Nach dem Abstieg hängte der Musterprofi noch eine Saison im Unterhaus dran, kam auf 29 Spiele und acht Tore.

"Dieter Hecking und ich sind der gleiche Jahrgang"

Heute kickt der 45-Jährige noch für die alten Herren des VfL Maschen in Niedersachsen, 20 Kilometer von Hamburg entfernt. Golke trainiert „aus reiner Personalnot“ die erste Mannschaft des Bezirksoberligisten. Der VfL ist Schlusslicht, der Abstieg ist nicht zu vermeiden. Golke: „Am Saisonende ist Schluss für mich.“

Der Kontakt nach Nürnberg ist, nach über 15 Jahren Abstand, bescheiden. „Neulich kam ich mal mit Hansi Dorfner zusammen, aber damit hat es sich schon. Der einzige, mit dem ich noch Kontakt habe, ist Joachim Philipkowski.“ Beim FC St.Pauli, mit dem er in der Saison 1987/88 in die Bundesliga aufstieg, ist er Mitglied auf Lebenszeit. Seine Karriere beendete er 1998 beim damaligen Zweitligist VfB Lübeck – und spielte dort mit dem heutigen FCN-Co-Trainer Dirk Bremser zusammen. „Und ein Mal in der U 18 auch mit Dieter Hecking. Wir sind der gleiche Jahrgang“, lacht André.

Zurück zum Club. „Das war schon eine schöne Zeit. Ich wäre gerne länger geblieben, aber die Umstände gaben das leider nicht her.“ Golke war ein Typ, der die Mannschaft führen konnte, auch außerhalb des Spielfeldes. Gemeinsame Treffen am Abend nach dem Spiel in den legendären „Warsteiner Stuben“ mit dem inzwischen verstorbenen Wirt Klaus Majora waren Kult.

"Drei Promille, drei Tore"

Spektakuläres Glanzstück seiner Club-Karriere war sein Hattrick beim 3:1-Saisonausklang in Bremen 1992. Am Abend vor diesem letzten, für beide Teams unbedeutenden Spiel trafen sich Cluberer und Werder-Profis auf einen Umtrunk. André traf tags drauf binnen 45 Minuten drei Mal in die Bremer Bude. Das dritte Tor war ein Volley-Hammer aus 16 Metern. „Drei Promille, drei Tore“, flachst Golke.

Schnee von gestern. Heute sind vor allem Schreibtisch, Laptop und Internet Golkes Welt. „Ich bin zurückgekehrt in meinen erlernten Beruf, arbeite seit elf Jahren als Versicherungsagent mit Schwerpunkt Rentenversicherung. Das geht immer.“ Zudem gehört Golke dem DFB-Sichtungsstab in Hamburg an und wohnt im Maschener Nachbarort Rosengarten.

Den Lebensmut nie verloren

Sein Leben war aber nicht nur auf Rosen gebettet. André erkrankte an Nierenkrebs. Eine Niere musste entfernt werden. Der einstige Stürmer und Mittelfeld-Rackerer hat jedoch nie den Lebensmut verloren. „Ich hatte Glück im Unglück. Heute geht es mir sehr gut.“ Glück im Aufstiegskampf wünscht er dem St.Pauli. „Sie sind noch nicht ganz durch, aber die Rückkehr in die Bundesliga wäre das passende Geschenk zum 100-jährigem Vereins-Jubiläum.“ Realisierbar in Fürth am 2.Mai. „St.Pauli ist ja schon einmal in Franken aufgestiegen (am 20. Mai 2001 mit einem 2:1-Sieg in Nürnberg, d. Red.). Warum soll sich das nicht in Fürth wiederholen?“

Dass sein Ex-Verein aus der Noris die Bundesliga hält, ist für André aber auch sonnenklar: „Dieter Hecking ist ein guter Trainer. Der kriegt das schon hin.“ Golke dagegen muss noch ein letztes Mal absteigen, mit dem VfL Maschen. Er wird’s verschmerzen. Matthias Hertlein

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